DOMRADIO.DE: Wie kann man sich Ihren "Streik" vorstellen? Sie sagen, dass Sie vom 11. bis 18. Mai keine Kirche betreten wollen und keinen Dienst in der Kirche verrichten wollen.
Sigrid Kamman (Mitinitiatorin der Aktion "Maria 2.0"): Wir wollen verdeutlichen, dass die Frauen draußen stehen, was ihre Verantwortung betrifft, die man ihnen in der Kirche überträgt. Wir wollen auch deutlich machen, dass die Frauen von den Ämtern in der Kirche ausgeschlossen sind. Deswegen bleiben wir draußen.
Wir betreten keine Kirche, verrichten keinen Dienst, aber wir werden vor der Kirche Gottesdienst feiern und unsere Klagen und Forderungen nachdrücklich und kreativ zum Ausdruck bringen. Wir laden alle dazu ein, die sich solidarisch erklären, sich uns anzuschließen. Wir wollen informieren, diskutieren und deutlich machen, dass es jetzt Zeit zu handeln ist.
DOMRADIO.DE: Streik ist eigentlich ein Mittel, das man aus Tarifverhandlungen kennt. Ist das denn der richtige Weg, um in der Kirche etwas zu verändern?
Kamman: Wir setzen "Streik" auch in Anführungsstriche. Wir sprechen lieber von einer Aktionswoche. Es geht auch in gar keinem Fall darum, die Ortskirche zu bestreiken, denn wir fühlen uns dort sehr wohl und sehr beheimatet. Es geht um die Amtskirche. Es geht darum, ein deutliches Zeichen zu setzen, dass es Zeit ist, Strukturen zu verändern.
DOMRADIO.DE: Sie haben die Aktion Anfang der Woche vorgestellt und da haben Sie gesagt, dass Sie gegen die "unerträglichen Zustände in der Kirche vorgehen wollen". Was sind das denn für unerträgliche Zustände?
Kamman: Das ist insbesondere der Umgang mit den Missbrauchsfällen und den Opfern. Da fordern wir – und so haben wir es auch in unserer Petition, in einem Brief an Papst Franziskus formuliert –, dass wirklich nachdrücklich und schonungslos Aufklärung betrieben wird und dass alle, die selber Täter geworden sind oder zur Vertuschung beigetragen haben, kein Amt mehr bekommen. Zudem soll auch der Umgang mit den Opfern würdevoll geschehen und ihnen endlich geglaubt werden.
DOMRADIO.DE: Jetzt gibt es aber auch Stimmen, die ihre Aktion kritisieren. Durch so einen "Streik" würde man eigentlich die Fronten in der Kirche nur verhärten und nicht zu Lösungen kommen, heißt es da. Was sagen Sie dazu?
Kamman: Das empfinden wir überhaupt nicht so. Wir waren selber von dem Zuspruch völlig überrascht, den wir in kürzester Zeit bekommen haben, als wir unser Anliegen in unserer Gemeinde vorgestellt haben. Viele haben sich positiv geäußert und die Aktion unterstützt. Wir haben gemerkt, dass wir da einen Nerv getroffen haben.
Wir sind ja auch nicht die Ersten, die diese Forderungen stellen. Es gab auch vor kurzem eine Petition von neun prominenten Christinnen und Christen, die ganz ähnliche Forderungen formuliert haben. Es gibt viele, die so denken.
Bei Maria 2.0 sind eigentlich alle diejenigen, denen ihre Kirche zu sehr am Herzen liegt, als dass sie einen stillschweigenden Austritt in Erwägung ziehen. Wir wollen verändern.
DOMRADIO.DE: Aber auf der anderen Seite ist die katholische Kirche doch eigentlich schon auf einem guten Weg. Es gibt verschiedene Verwaltungsposten in den Bistümern, die auch in Leitungsverantwortung mit Laien und Frauen besetzt werden oder besetzt werden sollen. Da müssten Sie doch eigentlich mit der Entwicklung ganz zufrieden sein, oder?
Kamman: Ja, aber das ist nicht genug. Wir fordern den Zugang von Frauen zu allen Ämtern in der Kirche. Wir möchten wirklich echte Partizipation. Denn wir sind davon überzeugt, dass Frauen und Männer in die Nachfolge Christi berufen wurden. Da wollen wir auch auf Augenhöhe Verantwortung mit übernehmen und tätig sein.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.