Es fehle dem jüdischen Kläger an einer gegenwärtigen Rechtsverletzung, urteilte der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am Dienstag.
Durch eine Bodenplatte und eine Schrägaufsteller unterhalb des Reliefs wurde nach Überzeugung der Richter das Schandmal in ein Mahnmal umgewandelt. Dabei gehe es um die Erinnerung an die jahrhundertealte Diskriminierung und Verfolgung von Juden bis hin zum nationalsozialistischen Völkermord. Die deutsche Rechtsordnung gebiete keine Beseitigung des Reliefs.
Bis Bodenplatte und Aufsteller in den 1980er Jahren ergänzt wurden, habe die Abbildung aus dem 13. Jahrhundert "einen das jüdische Volk und seine Religion massiv diffamierenden Aussagegehalt" gehabt und Judenfeindlichkeit und Hass zum Ausdruck gebracht, hieß es weiter.
Jahrelange Kampf um die "Judensau"
Der jüdische Kläger Michael Düllmann kämpft seit 2018 gerichtlich für die Entfernung der Skulptur, weil er sie als beleidigend empfindet. Der Streit hat grundsätzliche Bedeutung. In Europa gibt es geschätzte 50 weitere ähnliche Darstellungen an Kirchen. 2020 hatte das Oberlandesgericht Naumburg die Klage abgewiesen.
Die "Judensau" ist in etwa vier Metern Höhe angebracht. Dargestellt ist eine als Rabbiner karikierte Figur, die den Schwanz eines Schweins anhebt und das im Judentum als unrein geltende Tier von hinten betrachtet. Zwei weitere als Juden gezeigte Figuren saugen an den Zitzen. Eine vierte Figur hält Ferkel von der Muttersau fern.
Rechtsstreit soll weitergehen
Düllmann hatte bei der Verhandlung angekündigt, sich im Falle einer Niederlage vor dem BGH ans Bundesverfassungsgericht und gegebenenfalls auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden zu wollen.
Der Wittenberger Pfarrer Alexander Garth zeigte sich nach dem Urteil erleichtert. Es gelte jetzt, an der Kirche noch mehr zu tun, um mit einer klaren Botschaft "das da oben zu entkräften". Garth sagte nicht, was genau passieren soll. Er wolle "dem kreativen Prozess nicht vorgreifen".