DOMRADIO.DE: Was bedeutet diese extreme Trockenheit in Deutschland für den Wald?
Bernhard Vollmer (Leiter der Abteilung Forst im Erzbistum München/Freising): Der Wald gerät zunehmend unter Stress, je länger die Trockenheit dauert und je weniger Niederschläge kommen. Klar ist, dass sich der Wald irgendwann nicht mehr erholen kann. Es führt schlussendlich zum einen zum Absterben von Bäumen oder auch zu stärkerer Anfälligkeit gegenüber Borkenkäfern oder anderen Sekundärschädlingen.
DOMRADIO.DE: Er kann sich nicht mehr wehren?
Vollmer: Richtig. Die Bäume sind zunehmend der Trockenheit ausgesetzt. Man muss es sich so vorstellen: Wenn zu wenig Wasser im Boden ist, sterben Bereiche der Krone und auch des Wurzelraumes ab. Und diese Bereiche, die noch für den Baum zur Verfügung stehen, können dann kein Wasser mehr aufnehmen. Dies führt dazu, dass der Baum zu wenig Wasser verdunsten kann. Sie müssen sich vor Augen halten: Momentan kann bei dieser Hitze ein Altbestand zwischen 20.000 und 40.000 Liter Wasser verdunsten. Und wenn das Wasser fehlt, dann gehen die Bäume kaputt.
DOMRADIO.DE: Welche Bäume sind da besonders betroffen? Gibt es da Arten, die das vielleicht besser vertragen und andere, die besonders unter der Trockenheit leiden?
Vollmer: Je tiefer ein Baum den Wurzelraum verschließen kann, desto weniger anfällig ist er oder desto mehr Bodenschichten kann er mit den Wurzeln erreichen. Besonders anfällig ist natürlich die Fichte, die relativ gering wurzelt. Und wenn sie dann auf dem Standort ist, der von sich aus schon relativ sandig oder kiesig ist, in dem relativ wenig Wasser gebunden ist, dann ist sie natürlich besonders anfällig.
DOMRADIO.DE: In Bayern ist in diesem Frühjahr etwas mehr Regen gefallen als im übrigen Land. Hat das gereicht, um die Bäume wieder gesunden zu lassen nach dem trockenen vergangenen Jahr?
Vollmer: Nein. Wir beobachten hier im Diözesanwald eine Zweiteilung: Im östlichen Bereich ist relativ wenig Niederschlag gefallen, da haben auch die Niederschläge im Winter nicht ausgereicht. Da leiden wir schon extrem. Aber je weiter östlich es geht, desto extremer wird es sogar noch. Da fällt die Fichte wirklich hektarweise aus. Im westlichen Bereich unseres Gebiets, im Bereich Starnberger See Richtung München und Rosenheim - das sind 5.000 Hektar - ist es noch relativ gut. Da kommen zwar auch zunehmend Schäden durch Borkenkäfer auf, aber die haben wir sehr gut im Griff.
DOMRADIO.DE: Nun heißt es, wir müssten uns aufgrund der allgemeinen Klimaveränderungen einfach darauf einstellen, dass es mal mehr, mal weniger Trockenheit gibt. Die Extreme würden auch deutlicher. Welche Änderungen bringt das denn für den Wald mit sich? Kann man da irgendwie gegensteuern?
Vollmer: Gießen können wir die Bäume natürlich nicht. Wir können aber waldbaulich etwas verändern, heißt tiefwurzelnde Bäume einbringen. Das sind aber mittel- bis langfristige Maßnahmen. Die Fichte pflanzt man bei uns seit vielen Jahren nicht mehr. Wir bringen seit sehr vielen Jahren schon Laubhölzer und Weißtanne ein, also klimatolerantere Baumarten, die den Bodenbereich besser schließen können.
DOMRADIO.DE: Was gibt es sonst noch für Möglichkeiten?
Vollmer: Kahlflächen ist ein absolutes Tabu bei uns. Außer es ist tatsächlich durch Käferkalamität (Baumbefall durch Käfer; Anm. d. Red.) Kahlfläche entstanden. Dann muss man pflanzen! Am besten ist der Waldbau dann zu bewerkstelligen, wenn wir unter einem dichten Kronendach neu pflanzen können. Das ist unser Ziel.
DOMRADIO.DE: Was würden Sie sich denn jetzt eher wünschen? Einen richtig kräftigen Regenschauer oder leichten Regen, der über eine Woche andauert?
Vollmer: Letzteres! Ein richtiger schöner Landregen gefällt dem Wald am besten. So ein "kräftiger Duscher" nützt gar nichts. Das Wasser geht verloren.