Leere Herberge auf dem Jakobsweg für Obdachlose geöffnet

Wo sonst Pilger schlafen

Spätestens nach Ostern herrscht auf dem Jakobsweg eigentlich Hochbetrieb. Durch die Corona-Krise kommen vorerst jedoch keine Pilger mehr. In Pamplona öffnete nun ein Quartier seine Pforten für Obdachlose. Ein Vorzeige-Beispiel?

Die gelbe Muschel zeigt Weg nach Santiago de Compostela / © gregorioa (shutterstock)
Die gelbe Muschel zeigt Weg nach Santiago de Compostela / © gregorioa ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was machen die Betreiber der Unterkünfte am Jakobsweg? Ihr Verein betreibt dort ja auch selbst eine Herberge.

Heino von Groote (Vorsitzender des Freundeskreises der Jakobuspilger Paderborn e.V.): Das ist richtig. Wir betreiben eine Herberge in Pamplona, der Partnerstadt von Paderborn. Dort, wie auf dem gesamten Jakobsweg, steht nun alles still. Es ist ein wirklich trauriges Bild. Ein Weg, von dem man gewohnt ist, das dort quirliges Leben herrscht, steht einfach still.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet das für die Herbergen? Was wird da gerade gemacht, stehen sie einfach leer?

von Groote: Es bedeutet zunächst einmal für die meisten Herbergen, dass sie leer stehen. Das ist in der ersten Konsequenz natürlich für die Mitarbeiter ein Problem. Wir haben Reinigungskräfte in Kurzarbeit geschickt. So wird es sehr vielen Herbergen gehen, sowohl in öffentlichen als auch in privaten Herbergen. Wir selber haben keine Existenznot, so wie das bei vielen privaten Herbergen der Fall ist.

Unsere Herberge ist eine städtische Herberge. Sie wird von uns zwar betrieben, aber gehört der Stadt Pamplona. Im Augenblick wird sie von der Stadt Pamplona für Obdachlose genutzt. Wir sind froh, dass die Herberge in dieser Zeit, in der keine Pilger da sind, einem guten Zweck zur Verfügung steht.

DOMRADIO.DE: Die Saison hat ja gerade langsam begonnen. Dann war sie plötzlich zu Ende, als in den verschiedenen europäischen Ländern das öffentliche Leben heruntergefahren wurde. Wie erging es denn den Pilgern, die plötzlich den Heimweg antreten mussten?

Ziel des Jakobswegs: Die Kathedrale von Santiago de Compostela / © Virginia Castro (KNA)
Ziel des Jakobswegs: Die Kathedrale von Santiago de Compostela / © Virginia Castro ( KNA )

von Groote: Ja, das zeichnete sich über einige Tage ab, als sich in Spanien die Nachrichten über Corona überschlugen und es ganz schnell dramatisch wurde. In der ersten Märzhälfte war das, da konnte man es quasi in der Luft schwirren hören, der Weg wird bald geschlossen. Dann passierte das auch sehr schnell, am 13. März.

Es waren natürlich noch Pilger unterwegs – sie suchten sich dann tatsächlich sehr schnell Rückfahrgelegenheiten, damit sie noch nach Hause kamen. Das war auch sehr nötig, denn in den nächsten zwei Tagen wurden schon Flüge gestrichen, Züge ausgesetzt und so weiter.

DOMRADIO.DE: 2019 hat das Pilgerbüro in Santiago de Compostela noch eine Rekordmarke vermeldet. Fast 348.000 Pilger bekamen das Pilgerdiplom. Wann glauben Sie denn, geht der Jakobsweg wieder zur Normalität über? 

von Groote: Für dieses Jahr bin ich sehr skeptisch. Natürlich bin ich kein Prophet. Ich weiß nicht, wie schnell die Pandemie abebbt und wie schnell die Gefahr – vor allem auch in Spanien – vorbei sein wird. Ich glaube nicht, dass in diesem Jahr noch sehr viel passieren wird. Sobald es möglich ist, werden sich wieder Pilger auf den Weg machen. Aber ich glaube eher, dass das im nächsten Jahr wieder sein wird.

Nächstes Jahr ist zudem wieder ein Heiliges Jahr. Heilige Jahre sind immer dann, wenn der Jakobustag auf einen Sonntag fällt. Das wird in Santiago de Compostela dann ganz besonders gefeiert und zieht immer viel mehr Pilger an, als in den anderen Jahren. Wir können nur hoffen, dass im nächsten Jahr die Saison wieder starten kann. 

Das Interview führte Julia Reck.

Jakobsweg

Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus ins spanische Santiago de Compostela. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.

 © Sonja Geus (DR)
© Sonja Geus ( DR )
Quelle:
DR