Woche der Nobelpreise steht an

Warten auf den Anruf aus Stockholm

Es ist wieder so weit. Wie jedes Jahr werden Anfang Oktober die Nobelpreisträger benannt. Geehrt werden Wissenschaftler, Politiker und Organisationen, die der Menschheit "den größten Nutzen" und Friedensinitiative gebracht haben.

Autor/in:
Christoph Arens
Nobelpreis / © Fernando Vergara (dpa)
Nobelpreis / © Fernando Vergara ( dpa )

Für ihn war es eine "große Genugtuung". Günter Grass hatte lange auf den Literaturnobelpreis gehofft und war immer wieder enttäuscht worden. Vor 25 Jahren dann erhielt der Autor der "Blechtrommel" Ende September 1999 endlich den ersehnten Anruf des Nobelpreiskomitees.

Am Montag ist es wieder so weit. Weltweit werden Autoren und Wissenschaftler auf einen Anruf aus Stockholm oder Oslo warten. Die Woche der Nobelpreise steht an. Sie sind weltweit die wohl wichtigsten Auszeichnungen in Wissenschaft und Gesellschaft. Und gelten als Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.

285 Kandidaten für Friedenspreis

Als erster wird am Montag der Preisträger für Medizin bekanntgegeben. Dann folgen am Dienstag und Mittwoch Physik und Chemie. Den Nobelpreis in Physik hatte 2023 der in Garching lehrende ungarisch-österreichische Physiker Ferenc Krausz erhalten. 

Am Donnerstag folgt der Literatur- und am Freitag der Friedensnobelpreis. Das norwegische Nobel-Institut hat insgesamt 285 Kandidatinnen und Kandidaten für den diesjährigen Friedenspreis registriert. Am Montag darauf ist auch der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften an der Reihe, der nicht zu den eigentlichen Nobelpreisen zählt. Die Preisträger erhalten ein Preisgeld von 11 Millionen schwedischen Kronen, umgerechnet rund 970.000 Euro.

1895 hatte der schwedische Erfinder und Industrielle Alfred Nobel (1833-1896) die Preise gestiftet. Er verfügte in seinem Testament, dass die Auszeichnungen jenen zukommen sollten, die "im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben", und zwar in Physik, Chemie, Medizin, Literatur sowie "an denjenigen, der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt hat".

17-Jährige ist die jüngste Preisträgerin

Seit 1901 werden die Auszeichnungen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, in Stockholm und der Friedensnobelpreis in Oslo überreicht. Bisher wurden nach Angaben der Nobel Foundation insgesamt 621 Nobelpreise an 965 Personen, darunter 65 Frauen, und 27 Organisationen verliehen. Die jüngste Preisträgerin war die 17-jährige pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai, die 2014 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Medaille mit dem Konterfei von Alfred Nobel / © Kay Nietfeld (dpa)
Medaille mit dem Konterfei von Alfred Nobel / © Kay Nietfeld ( dpa )

Eine Auswertung nach Nationen ist kaum möglich, da viele Wissenschaftler wegen Kriegen und Verfolgung die Staatsbürgerschaft gewechselt oder sich politische Grenzen verschoben haben. Deutschland werden in den Statistiken zwischen 87 und 115 Preise zugeordnet - ein Platz in der Spitzengruppe.

Besonders erfolgreich waren Deutsche in Chemie (30) und Physik (27). Gleich 1901 hatte das Land die meisten Preise eingeheimst und sich bis 1933 den Ruf erworben, führende Wissenschaftsnation zu sein. Viele Namen sind bis heute nicht vergessen: Emil Behring, der für eine Serumtherapie gegen Diphtherie geehrt wurde. Wilhelm Conrad Röntgen, der elektromagnetische Wellen entdeckte.

USA als Weltmeister der Nobelpreisträger

Der Name Albert Einstein steht für eine der dunkelsten Epochen der deutschen Wissenschaftsgeschichte und für den Aufstieg der USA zum Weltmeister der Nobelpreisträger. Der in Ulm geborene Jude hatte ab 1901 auch die Schweizer und ab 1940 zusätzlich die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. 1921 erhielt er den Nobelpreis für seine Arbeit zum photoelektrischen Effekt. 1934 wurde er von den Nazis ausgebürgert und wanderte in die USA aus.

Ihm folgte ein großer Teil der deutschen Wissenschaftselite. Medizinnobelpreisträger wie Fritz Lipmann und Sir Hans Krebs waren in Deutschland geboren, erhielten ihre Auszeichnung aber als Amerikaner und Brite.

Besonders umstritten waren viele Friedensnobelpreise: Namen wie Menachem Begin, Le Duc Tho, Kissinger, Arafat und Peres oder der äthiopische Politiker Abiy Ahmed, 2019 ausgezeichnet, lassen immer wieder die Frage aufkommen, ob es richtig ist, aktive Politiker zu ehren, die treibende Akteure eines Krieges waren und sind.

Auch grundsätzliche Zweifel an der Preisvergabe werden laut: Schließlich sind es immer häufiger Teams von Wissenschaftlern, die in internationaler Zusammenarbeit und aufeinander aufbauend bahnbrechende Erkenntnisse gewinnen.

Tüftler Alfred Nobel

Zwiespältig und umstritten, so lässt sich auch Alfred Nobel charakterisieren: Der Tüftler baute ein weltweites Imperium von Fabriken auf und brachte es auf 355 Patente, darunter für das Dynamit, das den Bau von Eisenbahnlinien und Straßen erleichterte, aber auch den Krieg noch unmenschlicher machte. Dieser Zwiespalt mag den Schweden veranlasst haben, einen großen Teil seines riesigen Vermögens in den Preis zu stecken.

Zahlen rund um die Nobelpreise

Die erste Oktoberwoche ist traditionell die Woche der Nobelpreise. Von Montag bis Freitag wird täglich bekannt gegeben, wer in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden die prestige-trächtigsten Auszeichnungen weltweit erhält. Seit 1901 werden die Ehren in Stockholm und Oslo vergeben. Einige Zahlen zu den Preisen:

Zwischen 1901 und 2022 wurden 615 Nobelpreise an 989 Persönlichkeiten und Organisationen verliehen.

Kopien von Medaillen mit dem Bildnis von Alfred Nobel / © Jeppe Gustafsson (shutterstock)
Kopien von Medaillen mit dem Bildnis von Alfred Nobel / © Jeppe Gustafsson ( shutterstock )
Quelle:
KNA