DOMRADIO.DE: "Wir packen an, damit wir nicht einpacken müssen", heißt das Motto der Aktion, die Sie als historisch bezeichnen. Warum historisch?
Peter Krücker (Vorstandssprecher des Caritasverbands für die Stadt Köln und Sprecher des Zusammenschlusses sechs freier Wohlfahrtsverbände in Köln): Historisch deswegen, weil es eine solche Aktion noch nie gegeben hat. Ich bin inzwischen schon 30 Jahre in der Sozialen Arbeit in Köln tätig. Noch nie waren die Träger dazu gezwungen, ihre Einrichtungen zu schließen, um zu demonstrieren, dass es wirklich eng wird, dass Einrichtungen wirklich in ihrer Existenz bedroht sind, wenn sich nicht die öffentliche Förderung der Einrichtungen verbessert.
Das ist schon wirklich ein Schritt, mit dem wir uns sehr schwer getan haben. Aber es ist offensichtlich notwendig, damit die öffentliche Hand, damit die Stadt Köln und das Land Nordrhein-Westfalen sehen, dass es wirklich eng ist und die Träger am Ende sind mit ihrer Finanzierung, wenn es jetzt nicht zusätzliche Mittel gibt.
DOMRADIO.DE: Am Montag ging es hier in der Sendung um den offenen Ganztag, der jetzt teilweise für zwei Tage geschlossen ist. Die Betreuung der Kinder nach dem Unterricht ist also nicht möglich. Sie als Caritas sind auch Träger von Kitas. Darf man Kitas zwei Tage lang schließen? Man trägt das Problem auf dem Rücken von Eltern und Kindern aus.
Krücker: Ja, man darf Kitas auch zwei Tage lang schließen. Sie kennen das auch aus der öffentlichen Hand bei den Kitas der Stadt Köln. Da gibt es auch Streiks der Beschäftigten, da werden auch Interessen von Beschäftigten mit diesem Mittel ausgetragen.
Es geht uns um die Sicherung der Kitas. Uns geht es darum, langfristig und substanziell die Kitas zu erhalten. Wenn es so weitergeht und wenn die Finanzierung der Kitas so schlecht bleibt, wie sie jetzt gerade ist, ist die Zukunft der Kitas extrem gefährdet, weil Träger drohen, insolvent zu gehen.
Dann ist die ganze Kita kaputt. Das ist ein deutlich größerer Schaden, als wenn eine Einrichtung für zwei Tage geschlossen ist und wir Kinder und Eltern einladen, sich am Protest mit zu beteiligen und ihre Interessen gegenüber der Stadt Köln, dem Land Nordrhein-Westfalen mit zu vertreten.
DOMRADIO.DE: Von wem müsste finanzielle Hilfe kommen?
Krücker: Im Bereich Kitas ist es sowohl das Land NRW als auch die Stadt Köln. Im Bereich Offener Ganztag sind es ebenfalls die Stadt Köln und das Land Nordrhein-Westfalen. Aber es gibt auch viele Zuschussbereiche, Beratungsstellen und so weiter, die hauptsächlich in der kommunalen Finanzierung liegen. Die Stadt Köln ist aber immer mit dabei. Das Land muss noch Geld drauflegen.
DOMRADIO.DE: Jetzt findet am Dienstag im Stadtteil Deutz vor der Kirche Sankt Heribert eine Müllsammelaktion statt. Warum haben Sie sich das Müllsammeln ausgesucht, um auf die Sorgen der Wohlfahrtsverbände aufmerksam zu machen?
Krücker: Das ist nur eine Aktion von ganz vielen. Wir haben in allen Einrichtungen wirklich dezentrale, kleine Aktionen vor Ort, in den Stadtteilen, die auf die Situation aufmerksam machen wollen.
Wir haben für die Presse, für die Öffentlichkeit eine Aktion, die ein bisschen zentraler ist. Das ist die Müllsammelaktion in Deutz am Ufer, die mit einer Pressekonferenz verbunden ist. Da wollen wir noch einmal zeigen, wir sind nicht faul, wir packen an, wir sorgen für das Wohl von Köln. Das tun wir auch, wenn wir protestieren.
DOMRADIO.DE: Ein Standbein war für die Wohlfahrtsverbände auch immer das Spendenaufkommen. Reicht das nicht, um die gestiegenen Kosten zu kompensieren?
Krücker: Die Spenden für Wohlfahrtsverbände sind immer nur ein ganz kleiner Teil im Haushalt eines Wohlfahrtsverbands. Die Spenden haben nicht die Dimension, dass sie dazu dienen können, die öffentliche Finanzierung von Aufgaben, die die freien Träger wahrnehmen und die sie für die öffentliche Hand wahrnehmen, zu kompensieren und das zu finanzieren. Es ist ein viel zu kleiner Anteil.
Das Interview führte Tobias Fricke.