Wolfgang Clement sieht die SPD in Auflösung - Talfahrt auch in der Wählergunst

K-Frage und C-Attacken

Die SPD kommt nicht zur Ruhe. Der vom Parteiausschluss bedrohte Wolfgang Clement hat die Sozialdemokraten erneut scharf attackiert. Das ehemalige Vorstandsmitglied kritisiert vor allem "Führungslosigkeit". Statt über Schwäche denke Parteichef Kurt Beck über die Kanzlerfrage nach. Auch in der Wählergunst ist die SPD tief gefallen.

 (DR)

Die SPD landet mit 22 Prozent auf einem neuen Rekordtief, wie aus der am Dienstag veröffentlichten wöchentlichen Umfrage des Magazins "Stern" und des Fernsehsenders RTL hervorgeht. Es sei der schlechteste Wert, den die Partei jemals in einer Forsa-Umfrage erreichte.

SPD-Chef Kurt Beck konnte durch seinen Auftritt am vergangenen Montag vor der Bundespressekonferenz seinen Vertrauensverlust offenbar nicht stoppen. Nur zwölf Prozent der Befragten würden ihn der Umfrage zufolge direkt zum Kanzler wählen. Nicht einmal bei den Mitgliedern der SPD hat er eine Mehrheit: Nur 35 Prozent von ihnen wünschen, dass er Kanzler wird. Für CDU-Chefin Angela Merkel würden bei einer Kanzler-Direktwahl 58 Prozent der Bürger stimmen. Sogar 22 Prozent der Bürger mit SPD-Parteibuch seien für die Kanzlerin.

Beck bekräftigt Führungsanspruch
Angesichts der andauernden Personaldebatte in der SPD hat Parteichef Kurt Beck seinen Führungsanspruch bekräftigt. "Ich bin ganz sicher, dass die SPD nah bei ihrem Vorsitzenden ist und der Vorsitzende nah bei der SPD", sagte Beck am Montag nach einer Funktionärskonferenz im schleswig-holsteinischen Plön. Zur Frage der Kanzlerkandidatur sagte der Parteichef, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück (beide SPD) gehörten als seine Stellvertreter zum Kreis der Kandidaten.

Becks Entscheidung für die Bundestagwahl 2009 scheint bereits festzustehen: "Ich weiß, was ich will und was ich vorschlagen werde. Das werde ich der staunenden Öffentlichkeit im Herbst sagen oder im frühen Frühjahr des kommenden Jahres", kündigte der SPD-Chef an.

"Wir sind keine Partei, die sich an anderen orientiert"
Mit Blick auf einen am Wochenende bekannt gewordenen Brief des früheren SPD-Vorsitzenden und ehemaligen Vizekanzlers Franz Müntefering sagte Beck, was dieser inhaltlich empfohlen habe, sei von der SPD mittlerweile bereits beschlossen worden. Im Übrigen habe er selbst bereits eingeräumt, einen Fehler begangen zu haben. Müntefering hatte in dem Schreiben verlangt, in der Debatte um die Linkspartei Schadensbegrenzung zu betreiben. Dieser Brief sei allerdings bereits drei Wochen alt, sagte Beck.

Beck sprach zum Auftakt der SPD-Veranstaltungsreihe "Deutschland-Dialog: Nah bei den Menschen" von einer "Stimmungsherausforderung", in der sich seine Partei befinde. Die SPD wolle mit "Inhalten wieder in die Vorhand" kommen. "Wir sind keine Partei, die sich an anderen orientiert." Seine Partei müsse sich den "Leistungsträgern in der Mitte der Gesellschaft" zuwenden. Eine mögliche Koalition mit der Linkspartei nach der Bundestagswahl 2009 schloss er erneut aus. Nach dem Streit um die Haltung der SPD zur Linkspartei sehe er jetzt eine "Bringschuld" bei sich, die er als Parteichef gerne einlösen wolle, betonte Beck.

Clement: Die Partei treibt "orientierungs- und führungslos dahin"
Der frühere SPD-Vize Wolfgang Clement verschärfte unterdessen die Attacken auf seine Partei. "Die älteste demokratische Partei unseres Landes scheint in Auflösung begriffen", sagte Clement. Es gebe "historisch keine Parallele mit der heutigen, nachgerade chaotischen Lage der SPD". Die Partei treibe "orientierungs- und führungslos" dahin.

"Aus der internationalistischen, auf Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit programmierten Sozialdemokratie" sei "ein introvertierter" und ein "sich im kleinen Karo bewegender politischer Verein geworden, der wie in Schreckstarre auf die 'Linke' Lafontaines fixiert ist", kritisierte der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und ehemalige Wirtschaftsminister Clement, gegen den ein Parteiausschlussverfahren läuft.