DOMRADIO.DE: Sie sind 2019 mit dem "Ökumenischen Predigtpreis Bonn" ausgezeichnet worden und haben diese Predigt 2018 in der Aachener Kirche St. Foillan zum Thema "Durchhalten" vorgetragen. Wie sind Sie bei der Vorbereitung rangegangen?
Regina Laudage-Kleeberg (Referentin im Bistum Essen): Ich habe das Glück gehabt, dass ich ein Evangelium aussuchen durfte, und ich wollte etwas zum Thema Durchhalten machen. Wie hält man schwierige Situationen im Leben und schwierige Phasen durch? Da war dieses Evangelium einfach perfekt. Dann habe ich es mir angeschaut und genau gelesen.
DOMRADIO.DE: Muss man da intuitiv rangehen und genau schauen, was einem selber für Gedanken kommen?
Laudage-Kleeberg: Ja. Ich glaube, eine tolle Predigt zeichnet etwas sehr simples auf. Sie bringt mich in Verbindung mit Gott, mit meinem Glauben und am besten auch mit mir selbst. Wenn dieser Dreischritt funktioniert, dann haben die Menschen etwas davon. Ich denke, das kann eigentlich jeder so versuchen.
DOMRADIO.DE: Wie bereiten Sie sich denn konkret auf eine Predigt vor und wie lange brauchen Sie dann dafür?
Laudage-Kleeberg: Ich schreibe die Predigten auf. Es gibt Leute, die machen das mit Stichworten. Ich bin Texterin. Das heißt, ich schreibe mir den Text wörtlich auf.
Ich komme aus dem Verkündigungskontext aus dem Radio, das heißt, ich diktiere ihn mir sogar in der Regel. Dadurch merkt man nämlich dann viel schneller, ob es beim Sprechen hapert, holpert oder stockt. Das ist schon mal ein ganz wichtiger, erster Schritt. Also nicht leise schreiben, sondern sprechen und schreiben.
DOMRADIO.DE: Leute, die in die Kirche kommen, sind ja sehr unterschiedlich. Da gibt es die Jungen, die Alten, die eher Konservativen, die Liberalen. Wie schafft man es da, die richtige Ansprache zu finden? Denn jeder möchte vielleicht doch ein bisschen anders angesprochen werden?
Laudage-Kleeberg: Da sprechen sie etwas Wichtiges an und das ist auch schwierig. Ich mache das so: Ich stelle mir die Leute vor, die typischen Zuhörerinnen und Zuhörer.
Also, wenn ich zum Predigen eingeladen werde, frage ich vorher,was das denn für eine Gemeinde ist. Wer kommt denn da? Wie alt sind die Leute, wie sind die unterwegs? Dann höre ich schon ganz viel raus. Und dann stelle ich mir etwa zwei, drei typische Menschen, die bei der Predigt zuhören werden, vor, während ich schreibe.
DOMRADIO.DE: Inwieweit greifen Sie direkte Reaktionen der Menschen auf, wenn Sie merken, dass da etwas kommt und spielen den Ball zurück? Vielleicht verändern Sie auch Ihr Konzept dann noch live?
Laudage-Kleeberg: Ja, das mache ich auf jeden Fall. Ich versuche so spontan und schlagfertig wie möglich zu sein und zu integrieren, was passiert. Ich freue mich immer total, wenn die Leute lachen. Ich wohne ja in Münster. Das heißt, wenn ich im Münsterland predige, ist das mit den Reaktionen immer ein bisschen zurückhaltender als im Rheinland. Aber ich freue mich über jede Reaktion, weil das zeigt, dass die Leute dabei sind.
DOMRADIO.DE: Die biblischen Texte zu verstehen, ist manchmal gar nicht so einfach. Wie schafft man es da, die Texte gut in die heutige Zeit zu übersetzen?
Laudage-Kleeberg: Ich würde sagen, es gibt da einen ganz einfachen Satz. Sprich über das, was du vom Evangelium verstanden hast. Das heißt, ich versuche nicht, hochtrabende, sehr kluge theologische Sachen zu machen, weil ich zwar glaube, dass das etwas sehr Wertvolles ist, aber gar nicht so im Leben der Leute andockt.
Ich versuche stattdessen zu fragen, wo passt meine Predigt mit dem jetzigen Leben zusammen? Und ich habe zum Beispiel damals bei dieser Predigt übers Durchhalten, Jesus Versuchungen in der Wüste mit langjährigen Beziehungen verknüpft.
Ich habe gesagt, Mensch, es ist doch gar nicht so einfach, lange in Beziehungen zu bleiben. Da gibt es ganz schön viele Herausforderungen, über die die wenigsten sprechen. Das habe ich verbunden.
DOMRADIO.DE: Gerade in Zeiten der Pandemie sind zunehmend digitale Gottesdienst-Formate dazugekommen. Was gibt es bei der Predigt zu beachten, wenn man plötzlich keine direkten Reaktionen mehr bekommt?
Laudage-Kleeberg: Ich glaube, es ist umso wichtiger, sich die Leute vorzustellen. Ich vergleiche das digitale Setting gerne mit dem Radio. Auch da bekommen wir keine direkte Reaktion.
Während wir miteinander sprechen, wissen wir ja nicht, ob die Hörerinnen und Hörer eingeschlafen sind oder sich daran freuen, was wir ihnen sagen.
Das stelle ich mir sehr, sehr intensiv vor und ich versuche auch immer Aktivierungselemente einzubauen. Das heißt, ich frage zum Beispiel am Anfang, wer hier noch katholisch ist. Das ist ein gängiger Moment, wo die Leute sehr lachen und sagen, dass sie noch katholisch sind. Dann heben wir die Hände und so sind die Leute erst einmal da und wach.
Ich glaube, das kann man auch im Digitalen gut machen, die Leute abholen und direkt ansprechen.
Das Interview führte Dagmar Peters.