Natürlich gibt es auch neben den vielen, vielen herzlichen und freundlichen Menschen, denen ich Tag für Tag begegne, immer auch die, die einen nerven können. Total nerven sogar. Zeitgenossen, die mir wirklich auf den Geist gehen. Auch die ewigen Bedenkenträger und Besserwisser, die hängen einem manchmal zum Hals heraus. Da schreiben die einen seitenlange Briefe, die anderen halten einen mit ihren überflüssigen, selbstverliebten langen Reden unnötig in Sitzungen und Konferenzen auf. Nein, nein, ein Bischofsleben das schützt nicht automatisch vor Nervensägen!
Aber es hilft alles nichts. Auch wenn ich manchmal einfach nur die Tür zuknallen und weglaufen möchte, dann gilt es, diese Lästigen geduldig zu ertragen. Das ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Ich gebe das auch gerne zu, dass mir gerade dieses Werk der Barmherzigkeit – die Lästigen geduldig zu ertragen, das ist nämlich eines der geistlichen Werke der Barmherzigkeit – dass mir das überhaupt nicht leicht fällt.
„Also Herr, gib mir die nötige Geduld und Gelassenheit. Nein, guter Gott, hilf uns allen dabei, unsere Mitmenschen, gerade dann, wenn sie uns wieder ganz lästig sind, geduldig zu ertragen. Mit Deiner Hilfe muss das doch zu schaffen sein!“ Wo immer wir aber Lästige wirklich in Geduld ertragen, da ist Gott uns ganz nahe. Da öffnet sich schon hier und heute für uns der Himmel auf Erden.
Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln