Mehr als drei Wochen sind es nun seit der schrecklichen Nacht der Flut. Die Aufräumarbeiten gehen vorwärts. Die Sperrmüllberge werden abgearbeitet. Ich war oft vor Ort und habe mit vielen Menschen gesprochen. Das war mein Platz. Einige haben mir erzählt, wie dankbar sie schon für so kleine Dinge sind, die sonst so selbstverständlich sind, – Strom und sauberes Wasser. So langsam tut sich noch mehr. Aber immer noch wird an vielen Stellen gekämpft. Immer wieder Tränen angesichts der Trümmer, dem Verlust und der Ohnmacht. Und dann auch, wenn es wieder einmal regnet, dann kommen die schrecklichen Bilder wieder hoch. Viele Menschen, denen ich begegnet bin, erzählen von ihren Erlebnissen, die sie scheinbar nicht mehr loswerden - traumatisch. Und das ist gut, dass sie erzählen. Denn nach dem ersten Schock, nach dem gemeinsamen Kraftakt, zusammen aufzuräumen, bleibt jetzt oft nur quälendes Warten. Auf Handwerker, den Wiederanschluss von Strom und Wasser. Und die Erinnerung kommt wieder und das Grübeln beginnt. Sie merken: Es wird nie wieder so wie es war. Wie gehen die Menschen um mit der Wut, der Ohnmacht, der neuen Angst? Warum alles? Und die Frage, die sich ein Mann verzweifelt stellte: Hätte ich noch mehr tun können oder müssen um zu helfen in der Nacht damals? Es ist nicht einfach damit umzugehen. Wie passt all das mit unserem liebenden Gott zusammen? Kann man da noch beten? All diese Fragen begegnen mir. Manche haben da die Sprache verloren. Andere erzählen mir von Ihrer Wut. Auch auf Gott. Von ihrem erschütterten Vertrauen. Viele auch von Ihrer Dankbarkeit, weil sie noch Glück im Unglück hatten. Sie erzählen und erzählen immer wieder. Denn Reden hilft, sagen sie mir. Auch mit Gott. Im Zweifelsfall zu klagen oder einfach Kraft und Trost zu suchen im Gespräch mit ihm und seinen Seelsorgern und Seelsorgerinnen. Auch dafür sind wir da. Auch dafür ist ER da.
Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln