Wort des Bischofs

Arm dran im Alter

Immer mehr Rentner brauchen staatliche Unterstützung. Binnen eines Jahres stieg die Zahl von Senioren mit Grundsicherung um 34.500 auf eine halbe Million. Die Bekämpfung von Altersarmut ist ein wichtiges Thema, das es viel zu selten in die Medien schaftt, meint der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

 (DR)

Ludwig lebt alleine in seiner kleinen Wohnung. Jetzt im Winter heizt er die winzige Küche nur stundenweise, weil ihm das Geld für die Heizung fehlt. Kleine Geschenke für die Enkelkinder spart sich Ludwig vom Mund ab. Gut, dass ihm sein Sohn regelmäßig die Monatskarte für die Straßenbahn spendiert, so kommt er wenigstens ein wenig rum in der Stadt und kann regelmäßig das Grab seiner Frau auf dem entfernt liegenden Zentralfriedhof besuchen.

Ludwig ist wahrlich kein Einzelfall. In unserem reichen Land lebt jeder fünfte Bürger in Armut oder ist von sozialer Ausgrenzung betroffen. Die jeweils zum Jahreswechsel veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes sind wenig ermutigend. Über 16 Prozent der Menschen in Deutschland sind "armutsgefährdet“ – der Anteil der Menschen, die von „erheblicher materieller Entbehrung“ betroffen sind, liegt auch aktuell wieder über 5 Prozent.

Diese traurigen Zahlen sind unseren Medien immer nur ein paar Zeilen wert. Es sind eben keine Neuigkeiten. Da es seit Jahren so ist, haben all diese Daten keinen richtigen "Nachrichten- Wert". Doch die Menschen, die hinter den Statistiken verschwinden, haben einen Wert. Denn hinter jeder dieser anonymen Zahlen steht immer ein konkreter Mensch. Ein armer Mensch, nicht selten mit einer traurigen Geschichte und allzu oft mit einem von Armut gezeichneten Gesicht – wie Ludwig.

Kein einziger dieser Armen darf wertlos für uns sein. Gerade diejenigen, die sozial ausgegrenzt und unbeachtet an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden, gehören in unsere Mitte. Ganz besonders wir Christen dürfen die Armen nicht aus dem Blick verlieren. Jedem armen Menschen dieser Tage steht nicht nur eine anonyme Spende oder eine materielle Zuwendung zu, die sein Leben erträglicher macht. Unsere Aufmerksamkeit, ja unsere liebevolle menschliche Zuwendung haben sie auf jeden Fall verdient, denn es gilt die Mahnung Jesu: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan!“ (Mt 25,40)

Ihr Rainer Woelki

Erzbischof von Köln