Wort zum Sonntag beim Eurovision Song Contest

Unterbrechung im bunten Spektakel

Der Eurovision Song Contest ist eine perfekte Show - auch in Hamburg. Dort läuft das Rahmenprogramm mit dem "Wort zum Sonntag". Es spricht der Essener katholische Pfarrer Gereon Alter.

Autor/in:
Paula Konersmann
Gereon Alter (dpa)
Gereon Alter / ( dpa )

Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Welches Thema haben Sie sich für die ESC-Ausgabe des "Wort zum Sonntag" vorgenommen?

Gereon Alter (Pfarrer St. Josef, Essen): Der Wettbewerb hat diesmal mit einigen Rucklern begonnen. Andreas Kümmert hatte den deutschen Vorentscheid gewonnen, hat dann aber Muffensausen bekommen. Ann-Sophie, die jetzt für Deutschland antritt, hat darauf zunächst eher betreten reagiert. Mir gefällt, dass es in dieser perfekt inszenierten Mega-Show so etwas Menschliches gibt. Wir sind bestrebt, alles möglichst perfekt zu machen, gerade in den Medien. Dazu fiel mir das Wort des koreanischen Videokünstlers Nam June Paik ein: "When too perfect, lieber Gott böse".

KNA: Eine Brücke zwischen dem Event und dem Glauben?

Alter: Genau. Auch ich falle an diesem Abend aus dem Rahmen: Ich bin weder ein Star noch kann ich singen. Das Format "Wort zum Sonntag" wird als Unterbrechung des Events wahrgenommen. Insofern stellt sich genau diese Frage: Muss alles immer perfekt sein? Oder machen nicht gerade kleine Unterbrechungen und Fehler eine Veranstaltung interessant und menschlich?

KNA: Bereiten Sie sich auf dieses "Wort zum Sonntag" anders vor als sonst?

Alter: Sicher. Diese Ausgabe ist kürzer: Wir haben sonst eine Sendezeit vor vier Minuten, beim ESC bewusst nur zwei. Die Leute wollen Musik hören, keinen Pfarrer. Die Reaktionen sind zweigeteilt, bereits im Vorfeld. Für die einen ist der Beitrag eine Pause zum Bierholen und -wegbringen. Andere sagen, das ist kultig, das gucke ich mir sonst nie an, aber beim ESC gehört's dazu.

KNA: Auch die Produktionsbedingungen sind ungewöhnlich.

Alter: Normalerweise sitze ich im Studio, jetzt stehe ich auf der Nebenbühne auf der Reeperbahn. Dort habe ich keinen Teleprompter oder andere Hilfsmittel und befinde mich in einer Live-Situation. Das ist schon eine Herausforderung.

KNA: Möchten Sie mit Beiträgen wie diesem ein anderes Publikum erreichen?

Alter: Natürlich. Das "Wort zum Sonntag" hat eine durchschnittliche Einschaltquote von zwei Millionen. Beim ESC ist mit acht bis zehn Millionen Zuschauern zu rechnen. Andererseits gehören zur Zielgruppe immer auch diejenigen, die zufällig zuschalten und denken: Ups, einer von der Kirche, mal hören, was der sagt.

KNA: Spätestens seit dem Sieg von Conchita Wurst im vergangenen Jahr ist der ESC keine unpolitische Veranstaltung mehr ...

Alter: Der ESC war noch nie unpolitisch. Die DDR hat Störsender aufgestellt, damit die Sendung nicht empfangen werden konnte, und später eine Gegenveranstaltung produziert. In diesem Jahr ist die Ukraine mit Rücksicht auf die Lage im Land nicht dabei. Im vergangenen Jahr lag ein Schwerpunkt auf dem Thema Toleranz. Schon zuvor galt der ESC teils als "rosa" Veranstaltung, aber auch als Familien-Event. Insofern ist er ein Spiegel der bunten Gesellschaft.

KNA: Hören Sie in diesem Zusammenhang auch Kritik?

Alter: Es gibt unterschiedliche Stimmen. Die einen finden es gut, dass Kirche sich als Teil dieser Gesellschaft zeigt und nicht nur von außen draufschaut und mahnend den Finger hebt. Andere sagen, damit mache man sich die Finger schmutzig. Ich gehöre eindeutig zu der ersten Partei.

KNA: Sie haben mehrfach auch zu Katastrophen gesprochen, etwa dem Erdbeben auf Haiti oder dem Loveparade-Unglück. Was liegt Ihnen eher?

Alter: Das kann man schwer vergleichen. Bei schlimmen Ereignissen empfinden viele Menschen ähnlich, das zeigt sich an Reaktionen auf die Sendung ebenso wie an der Spendenbereitschaft. Diesen Gefühlen versuche ich dann Ausdruck zu verleihen. Die Recherchen zu schwierigen Themen packen mich oft richtig, das ist nicht immer leicht. Zugleich macht es den Reichtum des "Wort zum Sonntag" aus, dass es sich Katastrophen widmet, aber manchmal auch spaßig daherkommt. So ist ja auch das Leben.


Quelle:
KNA