In Würzburg hat die Frühjahrs-Vollversammlung der Bischofskonferenz und die Suche nach einem Nachfolger für Kardinal Lehmann begonnen

Die Stunde der Weihbischöfe

Mit einem Gottesdienst am Abend beginnt am Montag die Frühjahrs-Vollversammlung der Bischofskonferenz. Im Mittelpunkt der vier Tage von Würzburg wird die Frage stehen: Wer beerbt den aus seinem Amt als Vorsitzender scheidenden Kardinal Karl Lehmann? Viel wurde spekuliert in den vergangenen Wochen. So viel scheint bereits jetzt sicher: Auch wenn das Statut der Bischofskonferenz ausschließt, dass Lehmann einer der Weihbischöfe nachfolgt - ihre Stunde wird dennoch in dieser Woche schlagen.

 (DR)

Von den 69 Stimmberechtigen gehören fast zwei Drittel zur Gruppe der Weihbischöfe. Viel Macht liegt also für wenige Stunden in den Händen jener "Hilfs-Bischöfe", so der Ausdruck des lateinischem Kirchenrechts, die als Seelsorger an der kirchlichen Basis in den Regionen ihres Bistums bekannt und respektiert sind, in der Arena der "großen" Kirchenpolitik aber nur selten vorkommen.

Während bei vielen wichtigen Entscheidungen nur die Ortsbischöfe abstimmen dürfen, haben die Weihbischöfe bei der Wahl des Vorsitzenden rein rechnerisch immer die Mehrheit. In welcher Stimmungslage die Weihbischöfe aus den 27 Bistümern zwischen Ostsee und Bodensee am Montag nach Würzburg anreisen, ist nur schwer auszumachen, aber es wird wieder einmal wahlentscheidend sein.

Für die Kirchen-Experten in den Medien schienen in den Wochen vor der Wahl nur zwei Diözesanbischöfe für die Lehmann-Nachfolge denkbar.
"München oder Freiburg?" titelt etwa das badische "Konradsblatt" und spielt damit auf die Erzbischöfe Robert Zollitsch und Reinhard Marx an. Der "Mannheimer Morgen" weiß, dass der "Freiburger Erzbischof heiß gehandelt" wird. Mit dem Argument, Marx werde sich sicher zunächst um sein Münchner Erzbistum kümmern müssen und Zollitsch genieße als Chef des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) auch bei anderen Bischöfen einen guten Ruf, rückt das Blatt den Freiburger Oberhirten in den Vordergrund.

Die Bischöfe selbst halten sich mit Einschätzungen zurück
Wenig überraschend steht dagegen in den bayerischen Medien Marx im Blickpunkt der Debatte. "Auch weil dem fröhlichen Westfalen Berührungsängste fremd sind, halten ihn viele für den geborenen Nachfolger von Kardinal Karl Lehmann", heißt es etwa in der "Süddeutschen Zeitung".
Die Bischöfe selbst halten sich mit Einschätzungen merklich zurück.

Übereinstimmend wird nur immer wieder betont, ein Nachfolger müsse sein eigenes Profil entwickeln und dürfe nicht Lehmann nachzuahmen versuchen. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen wünschte sich im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) einen sensiblen Vermittler, anerkannten Theologen und guten Repräsentanten der katholischen Kirche.

"'Pingpong' zwischen Köln und München - nicht zwingend notwendig"
Für alle Interpretationen offen ist Thissens Satz: "Das 'Pingpong' zwischen Köln und München halte ich für möglich, aber nicht zwingend notwendig."
Aachens Bischof Heinrich Mussinghoff, derzeit stellvertretender Vorsitzender der Konferenz und für die "Frankfurter Rundschau" die "wahrscheinlichste Übergangslösung", unterstrich im KNA-Gespräch, ein Nachfolger müsse "vor allem die Gabe der Integration unterschiedlicher Meinungen" mitbringen. Mit Blick auf die eigene Person machte Mussinghoff klar, dass es für ihn die sinnvollste Lösung wäre, wenn "ein komplett neues Team an die Spitze gewählt" würde. Dass er einen persönlichen Favoriten bereits gefunden habe, hat unlängst der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky erklärt. Der Erzbischof mag erwartungsgemäß aber nicht sagen, wen er meint.

Einige Medien nennen neben Marx und Zollitsch noch weitere Namen: Der "Rheinische Merkur" erwähnt die Erzbischöfe Thissen und Ludwig Schick aus Bamberg, der "Kölner Stadt-Anzeiger" räumt ebenfalls Thissen Chancen ein. Doch in der Regel prognostiziert der Blätterwald fast einhellig eine Entscheidung zwischen Marx und Zollitsch.

Bislang fast völlig ohne öffentliche Resonanz blieben die Weihbischöfe. Ob sie eine "Übergangslösung" wollen, mit der der 69-jährige Zollitsch gemeint ist, einen "Generationenwechsel", mit dem die Medien den 54-jährigen Marx in Verbindung bringen, oder ob sie ganz andere Vorstellungen haben, zeigt sich erst im Kloster Himmelspforten. Doch wer auch immer die Lehmann-Nachfolge übernimmt - die große Mehrheit der Weihbischöfe wird ihn gewählt haben.

Von Michael Jacquemain (KNA)