DOMRADIO.DE: "Die Zukunft der Kirche ist ökumenisch, sonst gibt es keine Kirche mehr." Das hat Franz-Josef Bertram vom evangelisch-katholischen Arbeitskreis in Köln gesagt. Stimmen Sie dem zu?
Gregor Stiels (Vorsitzender des Katholikenausschusses der Stadt Köln): Ja, das kann man so sehen. Schauen wir uns um, wie es um das Erzbistum Köln herum aussieht. Es gibt viele Bistümer, die mit ganz anderen Zahlen – auch finanziellen Zahlen – zu tun haben – als das Erzbistum Köln. Man könnte sagen, so sieht vielleicht auch das Erzbistum Köln in zehn bis 15 Jahren aus. Da muss man schon sehr ökumenisch denken, um noch Kirche vor Ort erhalten zu können.
DOMRADIO.DE: "Kirche wohin?" – das ist die Überschrift über diesem 14. Kölner Ökumenetag. Wie nähert sich der Tag genau dieser Frage jetzt an?
Stiels: Es gibt erst einmal einen interessanten Fachvortrag von Professor Dr. Tiefensee aus Erfurt mit dem provokanten Titel "Christliche Spiritualität und Ökumene nach dem Ende der Volkskirchen". Das ist sehr provokant gefragt. Die Frage ist tatsächlich: Sind wir als Christen noch relevant für das Volk oder machen wir uns immer relevanter und uninteressanter?
DOMRADIO.DE: Wie kann dazu denn der Beitrag der Ökumene aussehen?
Stiels: Es hat ganz pragmatische Ideen, es geht tatsächlich einmal um das Spirituelle. Es gibt jetzt schon viele Formen, wie man Gottesdienst miteinander feiern kann. Das Trennende haben wir in den letzten Jahren sehr oft gehört, auch wo die Hindernisse und die Hürden sind. Es ist nicht verkehrt zu wissen, wo komme ich her und wo sind meine Wurzeln. Was ist mein Standpunkt? Aber es braucht auch ganz deutliche und intensive Signale, nicht nur von Katholiken. Was uns eint ist – auch ganz pragmatisch gesehen – eine ganze Menge, auch außerhalb des Erzbistums Köln. Wenn nicht die Kirchen gemeinsam überlegen würden, welche Räume verkauft oder abgegeben werden, dann würden in einigen Ortsteilen überhaupt keine Kirchen mehr sein. So können evangelische und katholische Christen gemeinsam Räume nutzen.
DOMRADIO.DE: Parallel zum Ökumenetag am Samstag findet auch eine große Regionalkonferenz des Erzbistums Köln statt, die sich mit dem Pastoralen Zukunftsweg im Erzbistum beschäftigt. Sie kritisieren, dass die Ökumene in diesem Pastoralen Zukunftsweg viel zu wenig vorkommt. Was fehlt Ihnen genau?
Stiels: Das Wort Ökumene kommt dort nicht vor. Man hätte meiner Meinung nach das Thema schon in der Zielskizze, die ja jetzt diskutiert wird, mit aufnehmen müssen. In der Zielskizze 2030 findet man nicht, wie sich das Erzbistum die ökumenische Zusammenarbeit vorstellt. Wir als Katholikenausschuss bringen das auch ein und wollen das auch einbringen. Aber da ist auch die große Frage, wer entscheidet denn zum Schluss? Wir beraten ja nur, entscheiden tut am Ende der Erzbischof. Da können wir einfach nur hoffen, dass er die richtigen und guten Entscheidungen trifft.
DOMRADIO.DE: Sie sitzen auch im Diözesanpastoralrat. Hätten Sie nicht dafür sorgen können, dass die Ökumene da etwas prominenter platziert wird?
Stiels: Ja, von der Schwierigkeit habe ich gerade erzählt. Ich bin ein Berater des Erzbischofs. Der Diözesanpastoralrat berät, die Entscheidungsprozesse laufen ganz woanders. Das ist auch eine der Kritiken, die ich an diesem Prozess übe. Die große Beteiligung ist sehr transparent und offen. Aber die Entscheidungsprozesse sind es gar nicht. Wir wissen gar nicht, was an Meinungen einfließt. All das, was bei den Regionalforen und der ganzen Bandbreite gesagt wird: wer entscheidet da jetzt eigentlich? Was hat Gewicht, was hat kein Gewicht? Wie und warum wird entschieden? Das ist nicht klar. Diese Entscheidungsprozesse sind völlig unklar und gehören für mich dringend mit dazu.
DOMRADIO.DE: Was würden Sie sich wünschen für die Zukunft?
Stiels: Das ist auf jeden Fall mehr Transparenz bei den Entscheidungsprozessen. Die braucht es. Und ich würde mir wünschen, dass es ein deutlicheres, positives Signal für die Ökumene gibt. Vom Katholikenausschuss gibt es das Signal seit vielen Jahren, aber ich vermisse es ein bisschen aus der Kirchenleitung.
DOMRADIO.DE: Ist das etwas, was auch Ihre Arbeit unten an der Basis beeinträchtigt?
Stiels: Was mir entgegenschlägt, sind die vielen positiven Worte – auch von unseren evangelischen Geschwistern – die uns als verlässlichen ernsthaften Partner sehen. Das betonen sie auch immer wieder. Aber sie sagen auch, dass es schon ein bisschen weh tut, dass auch nur von uns zu hören. Da schmerzt es ein bisschen und es ist auch ein bisschen ein Hemmnis. Diese Signale würden einfach auch von der Bistumsleitung gerne gehört.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.