Mehr als 100.000 Menschen seien in die Türkei, den Libanon, nach Jordanien oder in den Irak geflohen, teilte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Dienstag in Genf mit. Nach UN-Angaben flüchteten inzwischen insgesamt 235.000 Menschen aus dem arabischen Land. Der August gilt auch als blutigster Monat seit Beginn des Aufstands gegen das Regime von Baschar al-Assad. Nach Angaben des Beobachtungszentrums für Menschenrechte in Syrien in London starben mehr als 5.000 Menschen. Die Zahlen sind nicht überprüfbar.
Unterdessen traf der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, mit Präsident Assad in Damaskus zusammen. Maurer wollte nach Rote-Kreuz-Angaben mit dem syrischen Präsidenten über einen besseren Zugang für humanitäre Helfer zu den umkämpften Städten und Gebieten reden. Nach Angaben des britischen Senders BBC dauerte das Gespräch weniger als eine Stunde.
Das syrische Fernsehen meldete, Assad unterstütze die Arbeit des IKRK, so lange sie unabhängig und unparteiisch bleibe. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Maurer bleibt bis Donnerstag in Syrien und wird weitere Gespräche mit Regierungsvertretern führen. In Syrien selbst sind 1,2 Millionen Menschen auf der Flucht. In dem Konflikt starben bislang 20.000 Menschen, wie die Vereinten Nationen schätzen.
UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming erklärte, dass auch einige Syrer in Europa angekommen seien. "Es sind aber wenige", sagte sie. Die meisten Flüchtlinge wollten in den Nachbarländern Syriens bleiben. Eine spätere Rückkehr sei dadurch leichter. Die Türkei meldet laut UNHCR die meisten registrierten syrischen Flüchtlinge, rund 80.000 Menschen. Jordanien dürfte weit mehr als die offiziell gezählten
77.000 Flüchtlinge beherbergen. Im Libanon sind es 59.000, im Irak 17.000.
Grundsätzliche Bereitschaft Deutschlands
Die Bundesregierung ließ erstmals die grundsätzliche Bereitschaft erkennen, syrische Flüchtlinge aufzunehmen. "Ich schließe das nicht aus", sagte Außenminister Guido Westerwelle der "Frankfurter Rundschau" (Dienstagsausgabe). "Aber Priorität hat derzeit die Hilfe vor Ort", fügte er hinzu. Bislang hatte die Regierung stets die Auffassung vertreten, dass sich die Frage nicht stelle. SPD und Grüne erneuerten derweil ihre Appelle, Syrien-Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren.
Der Vizefraktionschef der Grünen, Josef Winkler, sagte der Tageszeitung "Die Welt", Deutschland müsse syrische Flüchtlinge aus Jordanien, der Türkei und dem Libanon unbürokratisch aufnehmen. Dies sei auch ein "Akt der Solidarität" gegenüber diesen Ländern. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler sagte, wenn der Flüchtlingsstrom aus Syrien nicht zum Erliegen komme, werde die EU nicht umhinkommen, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bundesregierung sei gefordert, eine humanitäre Tragödie zu verhindern.
Westerwelle machte deutlich, dass Deutschland bereit sei, Syriens Nachbarländer bei der Flüchtlingshilfe stärker zu unterstützen.
Bisher habe die Bundesregierung 22 Millionen Euro bereitgestellt, auch der Türkei sei Hilfe angeboten worden. In der Vergangenheit lehnte Ankara ausländische Mittel ab.
Trotz drohender Gewalt leisten auch deutsche Organisationen Hilfe in Syrien, wie das Bündnis Aktion Deutschland Hilft mitteilte.
Während die Malteser Hygiene-Kits verteilten, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern, arbeitet die Organisation HELP in der Aufbereitung von Trinkwasser. Das Hilfswerk Islamic Relief transportiert über einen Korridor an der türkisch-syrischen Grenze Hilfsgüter nach Syrien.
Zahl der Syrien-Flüchtlinge erreicht Höchststand
Kein Ende in Sicht
Der Flüchtlingsstrom aus Syrien schwillt an. Mehr als 235.000 Menschen suchten bisher in Nachbarländern Schutz vor der Gewalt. Die Bundesregierung schließt erstmals die Aufnahme syrischer Flüchtlinge nicht mehr aus.
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