domradio.de: Der Abschlusstext der Familiensynode stößt in den Medien nicht gerade auf ein begeistertes Echo. "Alle Fragen offen" titelt die FAZ , in der Süddeutschen Zeitung heißt es "Bischöfe finden keinen Konsens bei Homo-Ehe und Geschiedenen" und die Zeit schreibt "Doch keine Kirchenrevolution". Teilen Sie die Enttäuschung?
Alois Glück (Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Nein, natürlich wäre es noch mehr Freud', wenn die Ergebnisse des ersten Zwischenberichts gewissermaßen schon im Schlussdokument gewesen wären. Enttäuschung empfinde ich so, wie wenn man sagt, die Prognose ist 12 Stunden Sonnenschein und jetzt sind es nur 10 Stunden.
Es ist etwas Unglaubliches passiert, das weit über das Thema hinaus in unserer Kirche von Bedeutung sein wird - nämlich eine offene Diskussion, in der die Offenheit erwünscht ist. Aus dieser Offenheit entsteht eine neue Dynamik, die wird es auch in anderen Themen geben und es ist schon ungeheuer viel, wenn bis auf zwei bis drei Fragen über Zweidrittel-Mehrheit Positionen bezogen werden, die man vorher nicht erwarten konnte. Jetzt kommt es darauf, dass wir das nutzen, dass wir auf der Basis dieses Berichts - das ist ja kein Endergebnis - jetzt miteinander die intensive Debatte führen, auch in Deutschland.
domradio.de: Das heißt, Sie sehen durchaus viele positive Zeichen aus dieser Synode?
Glück: Aber selbstverständlich! Und zwar sowohl, was jetzt die Thematik als solche betrifft, dass gewissermaßen tabufrei viele Themen, die über Jahrzehnte tabuisiert wurden, diskutiert wurden. Das ist insgesamt eine deutliche Zuwendung zur pastoralen Sicht.
Aber dass in einigen Schlüsselfragen, wie die Frage des Sakramentenempfangs für Geschiedene Wiederverheiratete oder der Status der homosexuellen Lebensgemeinschaften, dass das nicht binnen 14 Tagen grundlegend umgekehrt klar ist - das kann wiederrum auch keine Überraschung sein. Natürlich gemessen an den Erwartungen des ersten Berichtes ist es ein Stück weniger, aber das ist eine wichtige Orientierungsangabe.
Das ist eine innere Entwicklung angstfreier Kommunikation, eine vom Papst geförderte innere Verfassung: Lasst uns offen auch Kontroverses diskutieren, das wird viel Wirkung in unserer Kirchen haben.
domradio.de: Jetzt soll in den Diözesen weiterdiskutiert werden. In einem Jahr beginnt dann die ordentliche Familiensynode. Wie können sich die Laien in diese Diskussion sinnvoll einbringen?
Glück: Ja, wir werden als erstes den Zwischenbericht genau anschauen, uns berichten lassen von Teilnehmern über den inneren Verlauf und über die Eindrücke. Wir werden gemeinsam mit den Bischöfen beraten, schon bei der nächsten Sitzung der gemeinsamen Konferenz mit zehn Mitgliedern aus der Bischofskonferenz und zehn Mitgliedern aus dem Zentralkomitee zeitnah jetzt im November, wie wir auch miteinander diese Thematik in Deutschland beraten, wie wir Positionen erarbeiten können dann in Hinblick auf die Bischofssynode, die ja beschließen wird und am Schluss entscheiden wird der Papst.
Das Interview führte Uta Vorbrodt