KNA: Professor Sternberg, wie geht es Ihnen kurz vor der Eröffnung des Katholikentages am 25. Mai?
Prof. Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken): Ein bisschen aufgeregt bin ich schon, denn das wird ein großes Ereignis. Wir haben viele Anmeldungen und wir sind froh darüber, dass so viele kommen wollen. Es wird ein großer, schöner Katholikentag in einer pulsierenden, modernen, wachsenden Stadt. Ich bin überzeugt, dass es sich lohnt, nach Leipzig zu fahren.
KNA: Wie viele Anmeldungen gibt es?
Sternberg: Wir haben über 30.000 Dauerteilnehmer, die nach Leipzig kommen wollen, und werden damit etwas über der Teilnehmerzahl von Regensburg liegen. Eine Zahl, die sich in der Reihe der Katholikentage wirklich sehen lassen kann.
KNA: Also ist schon im Vorfeld klar, dass der Katholikentag in der Diaspora kein Problem ist?
Sternberg: Ja, das kann man so sagen. Es liegt natürlich auch an dieser wunderbaren Stadt. Leipzig hat eine großartige Restauration hinter sich in den letzten Jahren, es ist eine Stadt mit Wissenschaft und Kultur, einfach eine Stadt, in der es sich zu leben lohnt.
KNA: Welche Herausforderungen gibt es so kurz vor dem Start, bei den Sicherheitsfragen etwa?
Sternberg: Die Sicherheitsfragen sind geklärt. Das, was man da sagt über sächsische Legida und Pegida, das ist keineswegs so stark und präsent in Leipzig, wie man das manchmal glaubt. Die Legida ist mittlerweile so zusammengeschrumpft, dass sie nur noch einmal im Monat zusammenkommt. Wenn es bei den Kundgebungen hohe Polizeipräsenz gab, lag das auch daran, dass es immer starke Gegendemonstrationen gab. Sorgen braucht sich niemand machen, der nach Leipzig fahren wird.
KNA: Wie sieht es aus mit der Angst vor islamistischen Anschlägen?
Sternberg: Wissen Sie, die Frage, ob islamistische Anschläge in Deutschland irgendwann passieren, das berührt uns in jeder Zusammenkunft, bei jeder Großveranstaltung, die wir haben. Nach dem, was wir in der Vergangenheit leider erleben mussten, dürfte man keinen Bahnhof besuchen, keinen Weihnachtsmarkt und kein Volksfest. Wir werden uns unsere Lebensart nicht dadurch unmöglich machen lassen, dass Terroristen und Menschen, denen offensichtlich nichts heilig ist, uns bedrohen.
KNA: Sie lassen sich also auf keinen Fall die Freude nehmen. Welches sind die Veranstaltungen, auf die Sie sich besonders freuen in Leipzig?
Sternberg: Neben den großen Foren sind das für mich vor allem die musikalischen Programmpunkte. Wir haben zwei sehr schöne Uraufführungen, wir haben wunderbare Konzerte, und - das darf ich als Kunsthistoriker sagen - ich freue mich auch auf die große Ausstellung in der Baumwollspinnerei.
KNA: Es ist also für Jeden etwas dabei?
Sternberg: Natürlich! Es wird auch viel für junge Leute dabei sein. Wo bekommt man schon noch ein Wise Guys-Konzert kurz vor deren Auflösung!
KNA: Nun wird es auf dem Katholikentag auch Veranstaltungen zum interreligiösen Dialog mit dem Islam geben. Wie wichtig ist es, dass das ZdK sich in diesen Dialog begibt?
Sternberg: Das ist einer der ganz wichtigen Arbeitskreise, die wir haben. Der Gesprächskreis Christen und Muslime hat mittlerweile die gleiche Bedeutung, wie sie der Gesprächskreis Christen und Juden immer gehabt hat. Und ich glaube, dass das ZdK ganz besonders dazu berufen ist, diesen Dialog mit Muslimen zu führen. Und zu welchem Erfolg das führt, das sehen wir zum Beispiel daran, dass bei der Vollversammlung unmittelbar vor dem Katholikentag ein Text vorgestellt werden wird zum Thema "Gewalt im Christentum und im Islam", der von bedeutenden Muslimen und Christen gemeinsam unterschrieben ist. Ein solches Zeichen ist sehr wichtig. Wir werden den Text am Dienstag vor dem Katholikentag präsentieren, und Professor Mouhanad Khorchide wird hierbei den islamischen Part übernehmen.
KNA: Ist nach dem Katholikentag vor dem Katholikentag?
Sternberg: Am 29. Juni wird die Katholikentagsleitung des Katholikentags 2018 in Münster gegründet, und dann geht es direkt weiter. So ist das, wenn man diesen Zweijahresrhythmus hat. Für solch ein Riesenereignis sind zwei Jahre Vorlauf nicht gerade viel. Wir werden uns aber auf jeden Fall die Zeit nehmen, um noch einmal tief Luft zu holen und noch einmal zu reflektieren: Wie war Leipzig? Wie können wir Katholikentage verändern? Wie müssen wir den Katholikentag anpassen, damit er weiterhin so attraktiv bleibt, wie es nun mittlerweile 100 Katholikentage waren?
KNA: Wie sehen Sie die Zukunft der Katholikentage?
Sternberg: Wenn ich mir die Geschichte der Katholikentage seit 1848 anschaue, dann gab es sicherlich immer große Veränderungen. Es wäre töricht zu glauben, dass alles so bleibt wie es ist. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass wir uns fragen, ob wir vielleicht einmal zu einem europäischen Katholikentag kommen. Und wir müssen darüber nachdenken, wann der nächste ökumenische Kirchentag stattfinden soll.
KNA: Jetzt steht erst einmal die Eröffnung des Katholikentages an. Möchten Sie noch eine Einladung für die Kurzentschlossenen aussprechen?
Sternberg: Ja, natürlich. Ich kann wirklich empfehlen, nach Leipzig zu kommen. Es wird ein wunderbarer Katholikentag, denn wir erleben in der Leipziger Diaspora eine Kirche, die wächst, die lebendig ist.
Das Interview führte Sabine Just.