Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sieht in der veränderten Haltung des Vatikan zu Geschiedenen und Homosexuellen einen "bedeutsamen Wandel". Papst Franziskus sei ein "Eisbrecher für angstfreie Kommunikation", sagte ZdK-Präsident Alois Glück am Dienstag in Bonn dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aus diesem Geist heraus entwickelten sich in der Kirche Tendenzen, vom Menschen her zu denken und nicht länger von den Lehrgebäuden. Auch die Deutsche Bischofskonferenz zog eine positive Zwischenbilanz der im Vatikan tagenden Bischofssynode zu den Themen Ehe und Familie.
Menschen "in ihrer konkreten Existenz" annehmen
Der Budapester Kardinal Peter Erdö hatte am Montag einen ersten Bericht zu den Beratungen vorgelegt, die am 5. Oktober begonnen hatten. In dem Papier werden unter anderem "mutige Entscheidungen" im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sowie Homosexuellen verlangt. Menschen mit gescheiterten Beziehungen, Paare ohne Trauschein sowie Lesben und Schwule müssten "in ihrer konkreten Existenz" angenommen und in ihrem Wunsch ermutigt werden, sich uneingeschränkt als Teil der Kirche zu fühlen, heißt es in dem Bericht.
Die "Gaben" der Homosexuellen
Glück sagte, die Kirche befinde sich in einem Prozess "starker Veränderungen". Dass in dem Bericht etwa von "Gaben und Qualitäten" die Rede sei, die Homosexuelle in die Kirche einbringen könnten, sei für die Betroffenen sehr wichtig. Dies gehe auch über das Gebot der Nichtdiskriminierung hinaus, das im Katechismus von 1983 festgeschrieben sei. Im Gegensatz zu dieser defensiven Haltung werde nun wesentlich offensiver formuliert, erläuterte der ZdK-Präsident.
Praktizierte Homosexualität ist nach dem Verständnis der katholischen Amtskirche Sünde. Erdös Bericht geht darauf nicht ein.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sprach am Dienstag in Bonn von einer "offenen und ehrlichen Diskussion". Den Zwischenbericht bezeichnete er als "wichtige Etappe" und "ehrliche Darstellung des Debattenverlaufs". Bei den dringenden pastoralen Fragen sei es gut, über die Stärkung der Ortskirchen zu sprechen. Es sei durchaus eine Spannung zwischen denen zu spüren, "die die Lehre ins Zentrum stellen und denen, die vom Leben der Menschen ausgehen", ergänzte der Münchner Erzbischof. Jesus habe indes kein Gesetzbuch geschrieben, sondern Wege zum gemeinschaftlichen Leben mit ihm gezeigt.
Keine Vereinfachung von Ehe-Annullierungen
Im Umgang mit Geschiedenen sprach sich Glück gegen eine Stärkung des sogenannten Ehenichtigkeitsverfahrens aus. Darin könne "ganz sicher" keine Lösung des Problems liegen. Eine Vereinfachung von Annullierungen könne vielmehr das Institut der Ehe in Misskredit bringen. Der Präsident der Laienbewegung warb dafür, im Einzelfall zu prüfen, ob wiederverheiratete Geschiedene zur Eucharistie zugelassen werden könnten. Ähnlich hatten sich bei der Synode mehrere Bischöfe geäußert. Die Ausgestaltung entsprechender Regelungen könne den nationalen Bischofskonferenzen überlassen werden, sagte Glück.