"Ihr seid keine Traditionalisten", diese Botschaft hatte Kardinal Robert Sarah, Präfekt der vatikanischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, am Donnerstagabend in Rom für die Anhänger der alten lateinischen Liturgie. "Ihr seid Katholiken des römischen Ritus, wie ich, wie der Papst. Ihr seid keine Katholiken zweiter Klasse", sagte Sarah bei einem Kongress anlässlich des zehnten Jubiläums von "Summorum Pontificum".
Zwei Formen des einen römischen Ritus
Mit diesem Dokument hatte Papst Benedikt XVI. (2005-2013) im Jahr 2007 die Feier der älteren Form der Liturgie weitgehend freigegeben. Seitdem kennt die katholische Kirche offiziell zwei Formen des einen römischen Ritus: "Die ordentliche Form" nach den liturgischen Büchern, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) von Papst Paul VI. (1963-1978) und Papst Johannes Paul II. (1978-2005) herausgegeben wurden, und die "außerordentliche Form" nach den Büchern, die 1962 gültig waren, also vor Beginn des Konzils.
Der Innenhof der Dominikaner-Universität "Angelicum" ist an diesem Tag bevölkert von Mönchen mit Tonsur, Priestern in Soutane und Ordensfrauen in den unterschiedlichsten Trachten. Dazwischen stehen Männer im Anzug mit Einstecktuch, Frauen im Etuikleid. Einer von ihnen ist der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach, ein leidenschaftlicher Verteidiger der alten Liturgie. Der Kongress trägt den Titel "Summorum Pontificum: Eine neue Jugend für die ganze Kirche".
Pontifikalamt im alten Ritus im Petersdom
Viele der anwesenden Kleriker sind wirklich jung - auch sonst dürfte der Altersdurchschnitt des Kongresses unter dem liegen, was bei theologischen Tagungen üblich ist. Der Kongress ist Teil einer Wallfahrt, zu der die Anhänger der außerordentlichen Form aus aller Welt jedes Jahr nach Rom kommen. Am Samstag feiern sie nach einer Prozession durch die Stadt - die auch als Demonstration gedacht ist - im Petersdom ein Pontifikalamt im alten Ritus.
Kardinal Sarah mag die Selbstbezeichnung "Traditionalisten" nicht. "Ich bitte euch: macht das nicht mehr." Wie alle Katholiken seien auch die Freunde der lateinischen Liturgie aufgerufen, sich nicht in ein Ghetto zurückzuziehen, sondern ihren Platz in Kirche und Welt einzunehmen.
So gebe es in Gemeinschaften, die den alten Ritus pflegen, verhältnismäßig viele Berufungen zum Priestertum und zum Ordensleben. "Wer daran zweifelt, dem sage ich: Besucht diese Gemeinschaften und lernt sie kennen, vor allem die jungen Leute." Die Bischöfe rief er auf, auch für diese Gruppen da zu sein. Eine Konkurrenz zwischen beiden Formen dürfe es nicht geben.
"Reform der Reform" der Liturgie
Sarah wiederholte außerdem seine Forderung nach einer "Reform der Reform" der Liturgie. Daran halte er fest, "auch wenn das manchen Personen Angst macht". So könnten gewisse Elemente der alten die neue Form "befruchten" - als Beispiel nannte der Kardinal das leise Beten des Hochgebets in der Messe.
Papst Franziskus hatte 2016 hingegen in einem Interview gesagt: "Von einer Reform der Reform zu sprechen, ist ein Irrtum." Und kürzlich sagte er bei einer Tagung in Rom, die Liturgiereform nach dem Konzil sei "unumkehrbar".
Der Schriftsteller Martin Mosbach kritisierte in seinem Vortrag die Vorschrift des Konzils, die Liturgie solle "frei von unnötigen Wiederholungen" sein. "Die menschliche Kultur besteht aus dem, was nicht nötig ist", so Mosebach. Wiederholung sei geradezu das Wesen jedes Ritus. Das Ideal ist für den Schriftsteller eine Liturgie, die "wie im Schlaf" zelebriert wird und so zu einer "heiligen Gewohnheit" werde.
Kardinal Gerhard Ludwig Müller unter den Teilnehmern
Ebenfalls eingeladen war der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Eigentlich gehört er nicht zu den Förderern der alten Liturgie. So sprach Müller auch nicht über konkrete Ritusformen, sondern beschäftigte sich allgemein mit der "Unfehlbarkeit" der christlichen Liturgie. Der Gottesdienst sei nicht der Ort, um irgendwelche sekundären Theorien umzusetzen, sondern "Quelle des Glaubens", sagte Müller.
So sei die Taufformel "im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" grundlegend für die Entwicklung der Trinitätstheologie gewesen. Und die beiden Mariendogmen von der "unbefleckten Empfängnis" und der "Aufnahme Mariens in den Himmel" seien erst verkündet worden, nachdem es in der Liturgie schon lange die entsprechenden Feste gegeben habe.