Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, lobt die zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus als wichtiges Signal gegen eine Gleichgültigkeit der Gesellschaft. "Ich bin wirklich erfreut, dass die Mitte der Gesellschaft aufsteht", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag): "Ich habe immer das Gefühl gehabt, man sieht die Prognosen und Wahlergebnisse der AfD, aber das lockt niemanden hinter dem Ofen hervor."
Dies habe ihm Sorgen gemacht, so Schuster weiter. Deshalb sei er erfreut über die Demos. Er hoffe aber darüber hinaus, dass die Menschen auch im Alltag Zivilcourage zeigen: "Wenn im persönlichen Gespräch, am Arbeitsplatz, in der Familie, im Bekanntenkreis, im Sportverein oder in der Jugendgruppe jemand aufsteht und Ideologien äußert, die rassistisch, menschenverachtend oder antisemitisch sind, aufstehen und sagen: Weißt du, was du da gerade gesagt hast?"
Die AfD kann kein politischer Gesprächspartner sein
Wenn man den Menschen hier den Spiegel vorhalte, lasse sich eine Menge erreichen, zeigte sich Schuster überzeugt. Dies gelte auch auf politischer Ebene im Umgang mit der AfD: "Ich glaube, es ist in der Politik generell verstanden, dass die AfD kein politischer Gesprächspartner sein kann. Und ich hoffe, die, die noch anderer Meinung waren, haben jetzt endgültig verstanden, mit wessen Geistes Kind man es da zu tun hätte."
Im WDR lobte am Samstagmorgen auch der Vizepräsident des Zentralrats, Abraham Lehrer, die Demonstrationen. Sie seien auch ein Zeichen der Solidarität mit allen Juden in Deutschland: "Das ist etwas, was wir sehr positiv wahrnehmen und was uns Zuversicht gibt."
Zahlreiche Demonstrationen
Am Wochenende sind erneut Demonstrationen in vielen deutschen Städten geplant, zu denen weit mehr als 100.000 Menschen erwartet werden - unter anderem in Hannover, Dortmund, Köln, Bonn, Erfurt, München und Heidelberg. Am Freitag wurde unter anderem vor dem Dom in Münster und in Hamburg demonstriert. Dort musste die Kundgebung wegen Überfüllung sogar aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden. Nach Angaben der Polizei waren 50.000 Menschen dabei, die Veranstalter sprachen von 80.000.
Die Demos sind Reaktionen auf ein durch Recherchen des Netzwerks Correctiv bekannt gewordenes Treffen von Rechtsextremen, an dem auch hochrangige AfD-Mitglieder teilnahmen. Dabei sei es unter dem Schlagwort "Remigration" (Rückwanderung) um eine Strategie gegangen, Migrantinnen und Migranten aus Deutschland auszuweisen, notfalls auch unter Zwang.