Es sei ein falsches Zeichen, dass einer muslimischen Rechtsreferendarin aus Augsburg das Tragen ihres Kopftuchs im Gerichtssaal verboten wurde, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Islamverbands, Nurhan Soykan, am Donnerstag in Köln. "So wird ein normales Glaubensmerkmal unter dem Vorwand der Neutralitätsachtung erst zum Politikum und zur Voreingenommenheit gemacht."
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte am Mittwoch die Klage einer muslimischen Rechtsreferendarin abgewiesen, die gegen das Verbot vorgegangen war, im Rahmen der juristischen Ausbildung ihr Kopftuch zu tragen. Das bayerische Justizministerium hatte die Vorgabe damit begründet, dass das äußere Erscheinungsbild "keinerlei Zweifel an der Unabhängigkeit, Neutralität und ausschließlicher Gesetzesorientierung" aufkommen lassen dürfe.
"Selbstbestimmungsrecht der muslimischen Frau mit Füßen getreten"
Soykan beklagte, mit dem Gerichtsurteil werde das "Selbstbestimmungsrecht der muslimischen Frau mit Füßen getreten, die Einschränkung ihrer Berufswahl einfach so hingenommen und zudem unsere im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit eingeschränkt". Es brauche in Deutschland weder Kochtuchverbote noch einen Zwang, das Kopftuch zu tragen, ergänzte die stellvertretende Zentralratsvorsitzende. "Wir sind ein freies Land, und das sollte auch so bleiben."
Der Islamverband kritisierte auch das geplante Neutralitätsgesetz der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Demnach soll künftig Richtern, Staatsanwälten, Rechtsreferendaren, Schöffen und Justizmitarbeitern vor Gericht das Tragen "religiös oder weltanschaulich anmutender Kleidung" untersagt sein. Dazu zählen neben islamischen Kopftüchern auch auffällige Kreuz-Ketten oder T-Shirts mit weltanschaulichen Aufdrucken.