Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, gibt sein Amt auf. Der 64-Jährige werde Ende November nicht noch einmal antreten, teilte der Zentralrat am Freitag in Berlin mit. Um seine Nachfolge bewirbt sich Vizepräsident Josef Schuster, der auch Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern ist. Das Präsidium wird am 30. November auf der Ratsversammlung in Frankfurt am Main gewählt.
Mehr Zeit für Familie
Graumann stand seit 2010 an der Spitze des Zentralrats. Er wolle künftig wieder mehr Zeit für Familie und Privatleben haben, begründete er seinen Rückzug. Namens des Präsidiums erklärte Schuster, man bedauere die Entscheidung und hätte sich eine weitere Amtszeit gewünscht. Graumann habe für den Zentralrat und die jüdische Gemeinschaft "ganz Außerordentliches" geleistet.
Schuster verwies auf die Verdoppelung der staatlichen Mittel für den Zentralrat sowie auf bedeutende Veranstaltungen, "die das Judentum hierzulande enorm gestärkt und inspiriert haben". Graumann habe "stets den Zusammenhalt der pluralen, jüdischen Gemeinschaft im Sinn und im Herzen" gehabt.
Bewerber Schuster will Kontinuität
Schuster sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), mit seiner Kandidatur gehe es ihm um Kontinuität im Zentralrat. Der Würzburger Arzt ist seit vier Jahren Vizepräsident. "Wir waren ein gutes Team - und mir geht es darum, unsere Arbeit in diesem Sinne fortzuführen", erklärte der 60-Jährige. Ob weitere Kandidaten ins Rennen gehen, ist noch offen. Das Präsidentenamt sei ein Ehrenamt, ergänzte Schuster.
"Deshalb werde ich nach wie vor primär als Arzt tätig sein. Die Brötchen kommen aus meiner Praxis - deshalb werde ich sie mit voller Kraft weiterführen."
Präsidentenamt als "Herzenssache"
Graumann erklärte, das Präsidentenamt sei ihm immer "absolute Herzenssache" gewesen, der er sich "stets mit großer Hingabe und Leidenschaft" gestellt habe. Der Entschluss zum Rückzug sei ihm "wirklich sehr schwer gefallen". Er sehe den Zentralrat der Juden auch weiterhin in guten Händen. Mit Josef Schuster "würde die Kontinuität im Zentralrat gesichert". Er gehe davon aus, dass die Kandidatur seines bisherigen Stellvertreters "breite Unterstützung finden wird". Der Zentralrat der Juden in Deutschland vertritt nach eigenen Angaben rund 101.300 Mitglieder. Sie gehören zu 108 jüdischen Gemeinden in 23 Landesverbänden.