Der Würzburger Bischof Franz Jung nannte am Mittwoch die entsprechenden Äußerungen "sehr fehl am Platz". Solche Vergleiche seien nicht hilfreich. Dem von den Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angestoßenen Dialog zur Zukunft der Kirche in Deutschland lägen Beschlüsse der Bischofskonferenz zugrunde: "Dann muss man dazu auch stehen."
Es gibt Kritik, die richtet sich selber"
ZdK-Präsident Thomas Sternberg wies den Vorstoß von Müller mit scharfen Worten zurück. "Es gibt Kritik, die richtet sich selber", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Sie ist so lebensfern, dass sie nicht ernst genommen werden kann."
Mit seinen Einlassungen stelle sich der ehemalige Präfekt der römischen Glaubenskongregation "gegen die große Übereinstimmung der katholischen Gläubigen und die große Mehrheit der bischöflichen Mitbrüder".
"Vergiftend und zerstörerisch"
Zuvor hatte einer der geistlichen Begleiter des Synodalen Wegs, der Münchner Jesuit Bernd Hagenkord, Müllers Vergleich als "vergiftend" und "zerstörerisch" bezeichnet. Wer so etwas tue, "hat entweder keine Ahnung von Geschichte oder handelt mutwillig jegliche Debatte vergiftend", schreibt Hagenkord in seinem Blog.
Bei Nazi-Vergleichen von Christen gegen Christen höre es auf: "Das ist nicht konservativ, bewahrend. Das ist zerstörerisch, und das ist das genaue Gegenteil von bewahren."
"Grenze überschritten"
Müllers Aussagen seien geschichtsvergessen und menschenverachtend. "Das ist nicht Kirche", so der langjährige Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Hagenkord arbeitet mittlerweile in München für die Jesuiten.
Der Jesuit sagte zugleich, der Synodale Weg brauche Kritik. Auch wenn die Beiträge des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki und des Passauer Bischofs Stefan Oster "nicht allen passen", seien es doch "wichtige Stimmen, die dazugehören". Kardinal Müller habe aber eine Grenze überschritten.
"Weder von Gott noch vom Volk autorisiert"
Müller hatte die Entscheidungsfindung beim Synodalen Weg mit dem Ermächtigungsgesetz des Deutschen Reichstags 1933 verglichen. "In einem suizidartigen Prozess hat die Mehrheit entschieden, dass ihre Entscheidungen gültig sind, auch wenn sie der katholischen Lehre widersprechen", sagte der frühere Präfekt der Glaubenskongregation dem kanadischen Portal LifeSiteNews.
Müller ergänzte wörtlich: "So war es, als die Weimarer Verfassung durch das Ermächtigungsgesetz aufgehoben wurde. Eine selbsternannte Versammlung, die weder von Gott noch von dem Volk autorisiert ist, das sie vertreten soll, hebt die Verfassung der Kirche göttlichen Rechts auf, die auf dem Wort Gottes in Schrift und Überlieferung beruht."
Ermächtigungsgesetz ebnete Weg zur Zerstörung der Weimarer Verfassung
Unter dem Begriff "Ermächtigungsgesetz" wird in diesem Zusammenhang das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" vom 24. März 1933 verstanden.
Damit hatte der gewählte Reichstag der Regierung Adolf Hitlers eine pauschale Befugnis erteilt, ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen. Letztlich wurde damit einer Zerstörung des Weimarer Verfassungsgefüges der Weg geebnet.