Zollitsch: Menschenwürde muss unantastbar bleiben

Bis zum Lebensende

Erzbischof Robert Zollitsch unterstreicht die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Sie dürfe auch in Zukunft nicht zur Debatte stehen. Das gelte auch angesichts hoher Kosten für medizinische und pflegerische Versorgung am Ende des Lebens.

Menschenwürde im Alter / © Alexander Raths
Menschenwürde im Alter / © Alexander Raths

Die Kirche bekenne sich zum Recht jedes Menschen auf religiöse Freiheit und fordere dieses Recht weltweit mit allem Nachdruck ein, fügte Zollitsch hinzu. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz äußerte sich am Dienstagabend in Karlsruhe beim Jahresempfang der Kirchen für die Bundesgerichte.

Zollitsch verteidigt Dritten Weg

Allerdings könne die Kirche nicht alles teilen, was heute Vielen als persönliches Freiheitsrecht oder als gesellschaftliche Lebensform selbstverständlich zu sein scheine. So werde etwa von kirchlichen Mitarbeitern weiter ein Gleichklang mit den Grundsätzen der kirchlichen Lehre verlangt, auch bei der persönlichen Lebensführung. Der Freiburger Erzbischof bezeichnete es als "völlig verfehlt“, wenn den Kirchen "moralische Fremdbestimmung“ über ihre Beschäftigten vorgeworfen werde.

Zugleich räumte der Erzbischof ein, dass es Punkte gebe, an denen zu Recht Veränderungen angemahnt würden. Allerdings sei in den Kirchen bereits vieles in Bewegung. Ein Beispiel dafür sei die Stellung wiederverheirateter Geschiedener.

Angesichts des allgemeinen Klimas gegenüber Glaube und Kirche in Europa gehe von der laizistischen Verfassung nach französischer Tradition "ein gewisser Druck“ auf das deutsche System aus. Zollitsch kritisierte in diesem Zusammenhang bei deutschen Politikern einen mangelnden Durchsetzungswillen bezüglich "wertvoller eigener Traditionen vom Religionsrecht bis zum Hochschulsystem“. Zu dem Empfang hatten die evangelische und die katholische Kirche in Baden eingeladen.

Das staatskirchenrechtliche System in Deutschland hat nach Einschätzung des Erzbischofs eine Qualität, "die beiden Partnern gleichermaßen zugutekommt“.

Richterin: Interesse an religiösen Fragen

Die deutsche Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, Angelika Nußberger, betonte, vielen Menschen brennten Fragen im Umgang mit der Religion auf der Haut. Dies zeigte die Anzahl der Verfahren, die beim EGMR bereits entschieden oder noch anhängig seien. In den vergangenen Jahren entwickelte sich nach ihrer Einschätzung ein dritter Typ von Verfahren in Sachen Religiosität: neben Verfahren, in denen es darum geht, dass ein Staat zu viel eingreift, und denen, in denen der Staat Rechte nicht genug schütze, gebe es nun zunehmend Verfahren, in denen Menschen vor ihrer eigenen Religion geschützt werden wollten. Als Beispiele nannte sie etwa rumänisch-orthodoxe Geistliche, die gegen den Willen ihrer Kirche eine Gewerkschaft gründen wollten, oder einen spanischen katholischen Priester, der trotz seiner fünf Kinder weiter Religion unterrichten wolle.


Quelle:
KNA , epd