Katholische Arbeitnehmer gegen Sonntagsöffnungen

"Zu großzügige Aufweichung des Sonntagsschutzes"

Der Bundespräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung ist gegen zusätzliche verkaufsoffene Sonntage. Mehr Arbeitsplätze würden dadurch nicht geschaffen, stattdessen steige nur die Belastung der Arbeitnehmer.

Was bringen zusätzliche verkaufsoffene Sonntage? / © Gorodenkoff (shutterstock)
Was bringen zusätzliche verkaufsoffene Sonntage? / © Gorodenkoff ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die NRW-Landesregierung erlaubt vier zusätzliche verkaufsoffene Sonntage in der zweiten Jahreshälfte. Das Katholische Büro in Nordrhein-Westfalen hat dem zugestimmt. Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) sieht das kritisch. Können Sie das Argument der NRW-Landesregierung nachvollziehen, mit der Maßnahme die wirtschaftlichen Einbußen für die Einzelhändler abfedern zu wollen?

Stefan Eirich (Bundespräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung): Wenn ich das wirtschaftlich betrachte, kann ich das durchaus nachvollziehen. Aber ich sehe vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die jetzt zusätzlich gewissermaßen "ran müssen". In vielen Fällen handelt es sich ja um diejenigen, die in der Kernphase der Corona-Krise sowieso die Hauptlast als systemrelevante Berufe an den Kassen und auch beim Regaleinräumen schon haben tragen müssen. Deswegen wende ich mich gegen diese - wie ich finde - zu großzügige Aufweichung des Sonntagsschutzes.

DOMRADIO.DE: Aber am Ende werden ja mit den Einzelhändlern auch Arbeitsplätze gerettet. Das ist ja auch ein starkes Argument.

Eirich: Das ist die große Frage, ob durch diese angekündigte beschränkte Anzahl an offenen Sonntagen so viel Umsatz zusätzlich hereinkommt, dass diese Arbeitsplätze tatsächlich auf Dauer gerettet werden können. Aus meiner Kenntnis ist es so, dass durch verkaufsoffene Sonntage bislang keine zusätzlichen Arbeitsplätze entstanden sind. Die Relevanz für Arbeitsplätze sehe ich nicht direkt gegeben.

DOMRADIO.DE: Es gibt aber noch ein gesundheitliches Argument für die Ladenöffnung am Sonntag, nämlich dass so die Besuchermengen in den Innenstädten entzerrt werden und sich nicht zwangsläufig alle am Samstag in den Fußgängerzonen knubbeln und quetschen. Was halten Sie davon?

Eirich: Ich kann hier nur nach meinem persönliche Augenschein gehen. Auf Köln und Bonn bezogen, wo ich mich an unterschiedlichen Tagen in den Fußgänger- beziehungsweise Einkaufszone aufgehalten habe, erlebe ich nicht den großen Run auf die Geschäfte. Es gibt zwar eine ganze Reihe Neugierige und Interessierte, aber Spitzen an Menschenmengen habe ich bisher sehr wenige erlebt. Ich glaube, die Probleme entstehen mehr im Freizeitbereich.

DOMRADIO.DE: Welche Vorschläge haben Sie, um die Folgen durch die Corona-Krise abzumildern, wenn aus Ihrer Sicht verkaufsoffene Sonntage nicht effektiv sind?

Eirich: Um es ehrlich zu sagen: Ich kann nicht abschätzen, ob die zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntage etwas bringen werden. Aber ich selber will nicht wirtschaftlich argumentieren, sondern für den arbeitsfreien Sonntag spricht, dass er den Menschen wirklich eine regelmäßige Erholung garantiert. Es braucht ein gesamtgesellschaftliches Konzept, um aus der Corona-Krise herauszukommen. Eine alleinige Fixierung auf wirtschaftliche Ertragsdaten halte ich für schwierig.

DOMRADIO.DE: Das Katholische Büro in Düsseldorf hat den zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntagen unter der Bedingung zugestimmt, dass diese Regelung nur eine Ausnahme während der Coronavirus-Pandemie sein soll. Befürchten Sie, dass da die Ausnahme zur Regel werden könnte?

Eirich: Ich bin eher pessimistisch gestimmt mit Blick auf diese Ausnahme, dass sich diese in den nächsten Jahren nicht wiederholen wird. Ich bin sogar noch zusätzlich ein bisschen traurig, insofern das Bundesverwaltungsgericht die Anlassbezogenheit verkaufsoffener Sonntage vor wenigen Wochen erneut bestätigt hat. Hier ist größte Vorsicht geboten.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

 

Lic. theol. Stefan-Bernhard Eirich (privat)
Lic. theol. Stefan-Bernhard Eirich / ( privat )
Quelle:
DR
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