Zukünftiges Miteinander der Religionen im Zentrum des 97. Katholikentages

Selbstverständlich ökumenisch

Osnabrück gilt als Stadt der Ökumene. Hier und in Münster wurde 1648 nach einem jahrzehntelangen blutigen Religionskrieg der Westfälische Friede geschlossen. Seither üben sich die heute rund 160.000 Bürger - ein Drittel katholisch, ein Drittel evangelisch - in Eintracht. Auch der 97. Deutsche Katholikentag vom 21. bis 25. Mai wird von Protestanten unterstützt: Die Ökumene und das künftige Miteinander der Religionen werden beim bevorstehenden Treffen in Osnabrück eine eigene Rolle spielen.

 (DR)

Die Frage nach der Zukunftsgestaltung soll den roten Faden im Programm des Katholikentags bilden. So verstehen das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode als Veranstalter auch das biblische Leitwort "Du führst uns hinaus ins Weite": Große gesellschaftliche und politische Themen wie Klimaschutz, Arbeitsmarktpolitik, Pflege und Bildung sollen auf ihr Potenzial für die Zukunft abgeklopft werden.

Bereits 33.000 Dauergäste haben sich angemeldet. Das Treffen solle "ermutigen zu einer Zukunft aus Gottvertrauen", sagt ZdK-Präsident Hans-Joachim Meyer, zugleich auch Katholikentags-Präsident. Die Frage nach sozialer Gerechtigkeit, die vor zwei Jahren in Saarbrücken eine große Rolle spielte, werde weitergeführt. Aber es werde auch um die Spannung zwischen Freiheit und Gerechtigkeit gehen.

Mehr Nähe statt "Erfolgszwang"
Mit der Entwicklung der katholischen Kirche befasst sich der Themenbereich 1 "Zukunft von Glaube und Kirche". Und auch die Zukunft der Ökumene steht auf der Tagesordnung. Dazu ist ein "Ökumenezentrum" eingerichtet worden, das sich etwa dem praktischen Zusammenleben der Konfessionen in der Ortsgemeinde befasst. Kardinal Karl Lehmann wird einen Vortrag zur Ökumene im 21. Jahrhundert halten.

Ökumene werde in Osnabrück "mit großer Selbstverständlichkeit praktiziert", sagt der ZdK-Präsident. So soll es auch auf dem Katholikentreffen sein: Kein "Erfolgszwang" in Hinsicht auf bestimmte Ziele, wie ein gemeinsames Abendmahl, sondern selbstverständliches Miteinander. Auch der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (VELKD), Bischof Friedrich Weber, erwartet kaum konkrete theologische Fortschritte, sondern "mehr Nähe".

"Friedensstadt" Osnabrück
Wie schon bei vergangenen Katholikentagen wurden bei den Vorbereitungen Protestanten direkt in die Planung einbezogen - nicht nicht nur im "Ökumenezentrum": Evangelische Chöre und Posaunenensembles gestalten fast jeden der großen Gottesdienste mit. Hannovers Bischöfin Margot Käßmann und andere prominente Protestanten sind auf den Podien zu finden. Auf der "Kirchenmeile" stellen sich evangelische wie katholische Institutionen vor. Und selbstverständlich öffnen die Protestanten ihre Kirchen und Gemeindehäuser für Veranstaltungen.

Der Katholikentag solle den "Charakter des Ortes" aufgreifen, der von einem konfliktreichen Nebeneinander zu friedlichen Miteinander geführt habe, sagt ZdK-Präsident Meyer. Musikalisches Sinnbild der ökumenischen Eintracht soll der Choral "Nun lob mein Seel den Herren" bei einer kleinen Prozession nach dem ökumenischen Hauptgottesdienst sein. Es ist der Choral, den Protestanten und Katholiken in Osnabrück nach dem Zustandekommen des Westfälischen Friedens 1648 anstimmten.

Käßmann erwartet ökumenischen Impuls vom Katholikentag
Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann erwartet vom diesjährigen Katholikentag einen deutlichen ökumenischen Impuls. "Es gibt bei uns in Niedersachsen eine fröhliche Selbstverständlichkeit des ökumenischen Miteinanders, das werden die Gäste spüren", sagte Käßmann in einem epd-Gespräch. Die lutherische Bischöfin predigt beim zentralen ökumenischen Gottesdienst und nimmt an einer Diskussion zur Ökumene teil.

Der Katholikentag und der evangelische Kirchentag 2009 in Bremen führten zum Ökumenischen Kirchentag 2010 in München hin, sagte Käßmann: "Bei beiden Anlässen wird wahrnehmbar werden: Uns verbindet mehr als uns trennt." Die Bischöfin wandte sich gegen die Rede von einer ökumenischen "Eiszeit", die nach einem Papier des Vatikan zum Kirchenverständnis aufgekommen war. Verglichen mit der Situation vor hundert Jahren bestünden heute zahlreiche Gemeinsamkeiten. Längst gebe es eine "gelebte Ökumene" im Alltag.

"Letzten Endes gehören wir zusammen"
Die Bischöfin äußerte die Hoffnung, dass die Friedensfrage den Katholikentag bewegen werde. Osnabrück habe in der Friedensfrage "eine lange und gewichtige Tradition". In Osnabrück und Münster war 1648 der Westfälische Friede besiegelt worden, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. Die ökumenische Bewegung sei in ihren Anfängen von der Friedensfrage geprägt worden, so Käßmann: Wenn Krieg Leben zerstöre, müsse der christliche Glaube aufbegehren.

Käßmann befürwortete zudem eine projektbezogene Zusammenarbeit der
großen Kirchen, etwa bei der Trägerschaft von Krankenhäusern.
"Manchmal können finanzielle Engpässe offensichtlich auch Kreativität
freisetzen", sagte sie. Im Miteinander der Konfessionen sprach sie
sich für das Modell der "versöhnten Verschiedenheit" aus: "Da mag es
mal Spannungen in der Familie geben, das ist normal. Aber letzten
Endes gehören wir zusammen."