Die Koreareise war, nach der Teilnahme am Weltjugendtag in Rio und der Pilgerfahrt ins Heilige Land, der erste ordentliche Pastoralbesuch von Papst Franziskus. Es war eine Reise mit klaren Botschaften an die außergewöhnliche Kirche Südkoreas. Sie enthielt einen deutlichen Aufruf für Frieden und Versöhnung in dem seit 60 Jahren hermetisch geteilten Land. Und von ihr ging eine neue Dialogoffensive der Kirche an die Staaten und Kulturen Asiens aus - die nicht nur, aber ganz besonders auch an China gerichtet war. Erste Reaktionen bescheinigen dem Papst mit seiner Mission einen Erfolg - auch dank mancher organisatorischer Neuerungen.
Priorität Asien
Franziskus hat mit seiner Reise bestätigt, dass Asien eine Priorität seines Pontifikats bilden soll. Er würdigte in Südkorea eine Ortskirche, die in den letzten 60 Jahren entgegen allen Trends einen enormen Mitgliederzuwachs erlebte. Eine Kirche, die nicht von ausländischen Missionaren, sondern von Einheimischen Laien begründet wurde, und die in ihren Anfangsjahren 10.000 Märtyrer verzeichnete.
Allerdings zeigen sich auch in dieser Kirche Ermüdungserscheinungen.
Politische oder pastorale Reise?
Bereits jetzt rätseln Beobachter, ob die Papstreise nach Korea eher politisch oder pastoral war. Seine Äußerung zur Teilung des Landes, zur unberechenbaren und angespannten Situation - in die der nordkoreanische Raketentest von seinem Anreisetag passte - waren behutsam, aber klar. Er rief zu Frieden und zur Überwindung bestehender Barrieren auf, vermied Schuldzuweisungen oder Vorhaltungen an die eine oder andere Seite, sprach immer nur von "Korea", nie von Nord oder Süd. Als er nach einem politischen Kommentar zu Nordkorea gefragt wurde, antwortete er pastoral und lud die Anwesenden zu einem Gebet für diesen Teil "der koreanischen Familie" ein. Damit empfahl er sich und die Kirche für beide Seiten des 38. Breitengrads als Makler und Mittler.
Perfekte Organisation
Freilich wurden damit unangenehme Fakten nicht unter den Teppich gekehrt. Aber sie tauchten nicht in den Reden des Papstes auf, sondern in den Grußworten an ihn - etwa zur fortschreitenden Entfremdung zwischen den beiden Koreas oder zu eklatanten Spannungen innerhalb der südkoreanischen Gesellschaft.
Organisatorisch haben die vatikanischen Planer manches gegenüber der Heilig-Land-Reise verbessert. Das Programm war weniger dicht, Franziskus hatte auch noch Zeit für zusätzliche Treffen, etwa mit Opfern der "Sewol"-Katastrophe. Zudem waren Vorbereitung und Organisation exzellent, fast perfekt, was man in einem Hightech-Land wie Südkorea freilich erwartet hatte.
Ein neuer Grad der Aufmerksamkeit
Und auch die neue Sprachenpolitik des Vatikan erwies sich als sinnvoll. Erstmals hielt Franziskus seine Reden auch auf Englisch - was ihm und seiner Botschaft einen ganz neuen Grad der Aufmerksamkeit verschaffte, und auch der Beteiligung an den Gottesdiensten zugute kam. Zudem gelang es dem Papst auch hier, spontan mit den Menschen zu kommunizieren. Dass Franziskus es fertigbrachte, in einem völlig fremden kulturellen Umfeld in einer ungewohnten Sprache seine Zuhörer so zu erreichen wie bei seinen Auftritten in Rom, war für Vatikansprecher Federico Lombardi eine der großen Überraschungen der Reise.
Dialogangebot an Asien
Mit seinem fünftägigen Besuch in Korea war Franziskus der erste Papst in Fernost seit 25 Jahren. Eigentlicher Anlass war der vergleichsweise kleine VI. Asiatische Jugendtag im Bistum Daejeon.
Aber er ermöglichte es ihm, einen Blick über die Grenzen Koreas hinaus auf ganz Asien zu richten. Aus dem Land an der Nahtstelle zwischen China, Japan und Russland richtete er ein neues Dialogangebot an den Riesenkontinent, in dem die Kirche nur eine kleine Minderheit bildet.
Rückkehr nach Asien im Januar
Sicher wäre es falsch, den Koreabesuch nur als Test und Vorbereitung für eine Annäherung an China oder gar für einen Besuch in Peking zu sehen, wie mancher vermutet. Der Besuch galt einer besonderen Ortskirche in einem äußerst schwierigen Umfeld. Schon im Januar wird Franziskus erneut nach Asien zurückkehren und Sri Lanka und die Philippinen besuchen, vielleicht bald auch Japan, alles Indizien, dass Franziskus es mit seiner Dialogoffensive für Asien ernst meint.