DOMRADIO.DE: Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 sind Millionen Menschen aus Syrien geflohen. Wie dramatisch ist die Lage aktuell?
Claudia Kepp (Pressesprecherin von Save the Children Deutschland): Die Lage ist mehr als dramatisch, um das mal ganz klar zu sagen. Es ist eine Vertreibung in einem Ausmaß, das unsere Kollegen vor Ort noch nie gesehen haben. Wir sehen Menschen mit dem wenigen, was ihnen geblieben ist, auf der Suche nach Schutz fliehen. Seit Mitte Januar sind durch die Kämpfe mindestens 30 Kinder getötet worden.
DOMTRADIO.DE: Familien fliehen gerade besonders aus Idlib und aus Aleppo. Welche Hoffnung haben die Menschen denn, einen sicheren Ort zu finden?
Kepp: Die Menschen haben - was uns immer wieder erstaunt - immer noch Hoffnung. Sie haben Hoffnung auf Schutz, sie haben Hoffnung auf ein Leben, das sie weiterführen können. Und natürlich tut "Save the Children alles", damit diese Menschen die Hoffnung nicht verlieren.
Wir versuchen die ganze Evakuierung mit zu organisieren. Wir verteilen Nothilfe. Und es ist so, dass auch die Menschen immer wieder auf Leute in der Region treffen, die ihnen helfen. Allerdings ist es so, dass viele Menschen vor der Gewalt eigentlich gar nicht mehr fliehen können, weil sie eingeschlossen sind. Und das ist natürlich das, was uns extrem besorgt.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet Nothilfe ganz konkret?
Kepp: Nothilfe heißt: Wir verteilen sauberes Wasser, wir verteilen Essen. Wir versuchen, dass die Menschen zumindest ein Dach über dem Kopf haben. Das sind dann meistens provisorische Zeltplanen, die wir verteilen.
Sie müssen sich vorstellen: Diese Menschen sind nicht zum ersten Mal geflohen, sondern manche sind bis zu siebenmal vertrieben worden. Wir als junge Menschen können uns das eigentlich kaum vorstellen. Das ist einfach unsägliches Leid, was uns dort in Syrien begegnet.
Das Interview führte Verena Tröster.