Norbert Trippen, Kirchenhistoriker und früherer Kölner Domkapitular, ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 80 Jahren in einem Hospiz des Erzbistums Köln, wie der Kölner Stadtdechant Robert Kleine am Mittwochabend auf Twitter mitteilte. Der gebürtige Düsseldorfer Trippen gehörte zu den eifrigsten Erforschern der rheinischen Kirchengeschichte. Doch zu höchsten wissenschaftlichen Ehren kam er im entscheidenden Moment nicht. Auch auf der Schiene der Kirchenpolitik schrammte er an der ganz großen Karriere vorbei. Aber am Ende ermöglichte ihm nur das seine größten wissenschaftlichen Werke.
Feinsinniger Analyst der Kirchengeschichte des 19. und 20. Jahrhundert, sparte Trippen vor seinen Studenten in Bonn nicht mit wohldosiertem Spott über die kirchenpolitischen Zeitläufte. Zu Trippens wichtigen Veröffentlichungen gehörte neben seiner Habilitationsschrift über "Die kirchlichen Maßnahmen gegen den Modernismus im Jahre 1907 und ihre Auswirkungen in Deutschland" auch seine Dissertation über "Das Kölner Domkapitel und die Erzbischofswahlen in Köln (1821-1929)". Hellhörige Studenten lauschten genüsslich seiner Transponierung in die Kölner Verhältnisse der späten 1980er Jahre.
Kandidat für das Bischofsamt
Nur wenige Hörer rechneten damals damit, dass Trippen in diesen Verhältnissen selbst eine zentrale Rolle spielen könnte. Denn wie aus Kirchenkreisen zu hören ist, soll er nach dem Tod von Kardinal Joseph Höffner selbst mittendrin in der Kandidatensuche für einen neuen Erzbischof gestanden haben. Auf der Dreierliste ("Terna"), die zwischen dem Vatikan und dem Bistum hin- und herging, sei Trippen der Mehrheitskandidat des Domkapitels gewesen, heißt es. Doch das Rennen machte am Ende der Favorit des polnischen Papstes Johannes Paul II., der damalige Berliner Kardinal Joachim Meisner.
Dies wäre dann der zweite Dreikampf um seine kirchliche Karriere gewesen, den Trippen verlor. Mitte der 70er Jahre war der Bonner Doppellehrstuhl der renommierten Kirchenhistoriker Hubert Jedin (1900-1980) und Eduard Hegel (1911-2005) neu zu besetzen. Zwischen den fachlichen Schwerpunkten Rheinland und Mittel- und Osteuropa schwang das Pendel damals nach Osten. Trippen wurde statt Lehrstuhlinhaber "nur" Honorarprofessor.
Biografien über Kardinal Frings und Joseph Höffner
Der doppelte Karriereknick wurde zum Glücksfall der rheinischen Kirchengeschichtsforschung - und womöglich auch Trippens selbst. Denn statt sich in Tagesgeschäften abzureiben, konnte er bar noch höherer Ämter seiner Passion nachgehen. Er legte je zweibändige minuziöse Biografien der Kardinäle Josef Frings (1887-1978) und Joseph Höffner (1906-1987) vor, die als Standardwerke den Forschungsstand über Jahrzehnte vorgeben dürften. Wissenschaftlich konservativ, ohne große Effekte, aber gründlich und informativ bis in die Details, sind sie zugleich ein Zeitbild der Kirchengeschichte Deutschlands für die Jahre 1942 bis 1987 sowie eine Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) aus deutscher Sicht.
Anders als die hinreißend lakonischen "Erinnerungen" des greisen Nachkriegs-Erzbischofs Frings von 1973 trägt Trippens Frings-Biografie keinen anekdotischen Zug. Er unterzog den großen Kölner Hirten und sein Lebenswerk einer kritischen Analyse, bei der wohl alle verfügbaren Quellen zur Sprache kommen. Dennoch scheint in der lebendigen Darstellung doch allenthalben Trippens Sympathie für seinen früheren Dienstherrn und Vorgänger als Regens des Kölner Priesterseminars durch.
Historiker mit Humor
Von 1991 bis 2001 war Trippen Leiter der Hauptabteilung Schule/Hochschule im Kölner Generalvikariat. Von 1986 bis 2001 stand er zudem als Präsident dem Borromäusverein vor, einem kirchlichen Dienstleister zur Unterstützung von Büchereien. Von 2002 bis 2011 war er Erstansprechpartner für Opfer von sexuellem Missbrauch in katholischen Einrichtungen des Erzbistums Köln.
Als Beleg für den süffisanten Humor des Historikers mag die Genealogie Karls des Großen dienen, die er seinen Studenten gern präsentierte. Es heiße, der heiliggesprochene Kaiser habe mit mehreren Frauen 16 Kinder gezeugt. Doch bevor er weiter darüber spotte, wolle er lieber schweigen - denn womöglich gehöre er selbst zu dessen vielen Nachfahren.
Von Alexander Brüggemann