Zur Schließung von Tafeln

 (DR)

Immer mehr Tafeln in Deutschland haben wegen der Corona-Krise geschlossen und vorübergehend die Ausgabe von Lebensmitteln eingestellt. Das hatte der Bundesverband Ende letzter Woche in Berlin mitgeteilt. Bei den Tafeln kämen viele Menschen in teils engen Räumen zusammen, hieß es. Zudem gehörten rund 90 Prozent der 60.000 ehrenamtlichen Helfer zu der besonders durch das neuartige Coronavirus gefährdeten Gruppe älterer Menschen. Die rund 950 Tafeln stünden vor der schwierigen Herausforderung, Ehrenamtliche und Nutzer vor dem Virus zu schützen und zugleich die rund 1,6 Millionen Tafel-Nutzer weiter unterstützen zu können, sagte der Verbandsvorsitzende Jochen Brühl. "Tafeln sind keine Vergnügungsangebote wie Fußballspiele." Die Menschen, die kämen, bräuchten die Unterstützung.

Zudem brächten Schließungen auch wirtschaftliche Probleme mit sich, da die Tafeln auch über die symbolischen Beiträge der Nutzer mitfinanziert würden, erklärte Brühl. Kosten für die Miete von Ausgabestellen und Lagern oder die Versicherung für Fahrzeuge liefen zugleich weiter. "Wir erwarten, dass die Politik unsere gemeinnützige Organisation jetzt unterstützt, um langfristige Schließungen der Tafeln zu verhindern", sagte der Vorsitzende. Er appellierte auch an jüngere Menschen, sich zu engagieren. Sie könnten zum Beispiel dabei helfen, Lieferdienste einzurichten oder auszuweiten sowie Lebensmittel in Tüten oder Pakete zu packen und im Hof unter freiem Himmel auszugeben. Gefragt seien jetzt kreative Lösungen, um Sozialkontakte bei der Lebensmittelausgabe so weit wie möglich zu reduzieren. Nach wie vor beklagen die Tafeln indes, zum Teil deutlich weniger Lebensmittel gespendet zu bekommen. Noch immer scheinen sich die Vorratskäufe der Menschen auszuwirken, wie es heißt.

Zur Arbeit von Tafeln

"Jeder gibt, was er kann." Nach diesem Leitspruch engagieren sich örtliche Bäckereien und Wochenmärkte, Supermarktketten, Kfz-Mechaniker, Grafiker, Automobilhersteller und Beratungsunternehmen. Die gesammelten Lebensmittel werden weitergereicht an bedürftige Personen: direkt durch Lebensmittelausgaben an Bedürftige oder indirekt, indem Einrichtungen beliefert werden, die Essen an bedürftige Menschen ausgeben. Die Abgabe erfolgt kostenlos oder gegen einen symbolischen Betrag.

Die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland öffnet sich zusehends. Zwar geht es den meisten Menschen gut – aber eben nur den meisten. Laut aktuellem Armutsbericht des Bundessozialministeriums lebt ein zunehmender Teil der Bevölkerung mit einem wachsenden Armutsrisiko (13,3 Prozent im Bundesdurchschnitt). Besondere Risiken für Armut und soziale Ausgrenzung sind Arbeitslosigkeit, Kinderreichtum, Krankheit oder der Umstand, allein erziehend zu sein. Armut, und damit oft auch soziale Isolation, kann also fast jeden treffen – zumindest zeitweise. Viele Betroffene haben jedoch auch langfristig keine Chance auf eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen. (DR)