Viele Menschen könnten seinen Zweifel sicherlich nachvollziehen und wünschten sich Beweise, so Assmann – gerade in Zeiten, in denen viele Menschen aus der Kirche austreten.
Die Wunden Jesu, die er Thomas berühren lässt, seien aber nicht einfach ein Beweis für die Kreuzigung Jesu, sondern vielmehr für das Größere dahinter – nämlich die Liebe Gottes zu den Menschen. Das symbolisiere auch die Osterkerze. Der Zweifel des Thomas werde zum Glauben, indem er Jesus als Gott bekennt, so Assmann. Damit erkenne Thomas diese Liebestat an.
Glaube braucht Verstand und aktives Handeln
Zum Glauben gehöre auch Vertrauen, aber nicht im Sinne eines blinden Gehorsams, sondern ein Glaube mit Verstand, der auch für das Handeln der Menschen Konsequenzen habe. Man könne Christus nicht nur im Wort oder am Altar begegnen, sondern auch im Handeln der Menschen.
Und das Handeln sei es, an dem man Christen erkennen sollte: Ein Handeln, das ganz im Sinne des Friedens ist, den der Auferstandene Christus den Jüngern wünscht – zum Beispiel, indem man seine Mitmenschen in den Blick nimmt. Durch diese Begegnung könne aus Zweifel Glaube werden – auch Thomas habe nach Beseitigung seiner Zweifel anders gelebt und gehandelt.
Übertragung
DOMRADIO.DE übertrug am zweiten Sonntag der Osterzeit – zugleich Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit und Weißer Sonntag – das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Dompropst Guido Assmann. Als Kantoren sangen Christian Coester und Eberhard Metternich. An der Orgel: Ulrich Brüggemann
Weißer Sonntag und Sonntag der Barmherzigkeit
Papst Johannes Paul II. hat im Jahr 2000 den zweiten Sonntag der Osterzeit zum Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit bestimmt. Er will die Barmherzigkeit Gottes als zentralen Aspekt der göttlichen Liebe zu uns Menschen stärker bewusst machen. Die Nähe zum Osterfest verdeutlicht, dass Gott allen Menschen Anteil geben will an der Erlösung durch Jesus Christus. Wenn Gott nur gerecht wäre, wer könnte dann vor ihm bestehen? Doch Gott, so sagt es die Bibel, ist barmherzig. Die barmherzige Liebe Gottes erst ist es, die uns hoffen lässt, dass Gott uns immer wieder einen Neuanfang schenken will, wenn wir selbst dazu bereit sind. Schon im Alten Bund (z. B. Ps 103, 8; Ez 33, 11; Hos 6, 6) wird die Barmherzigkeit Gottes betont. Im Neuen Bund bezeugt Jesus in Wort und Tat diese barmherzige Liebe des Vaters. Bei Lukas heißt es z. B.: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes hat uns besucht das aufstrahlende Licht aus der Höhe“ (Lk 1, 78; vgl. Lk 1, 50; 15, 1 ff.). Diese Liebe anzunehmen und daraus zu leben, ist das eine; sie durch unser eigenes Handeln sichtbar zu machen, ist das andere.
Der Weiße Sonntag erinnert an den Brauch der frühen Kirche, dass die in der Osternacht Getauften eine Woche lang ihre weißen Taufkleider trugen. Die Osteroktav diente dazu, sie tiefer in die Heilsgeheimnisse der Sakramente einzuführen. Diese Weiße Woche, in der die Neugetauften im Mittelpunkt standen, erinnerte die Gemeinde so zugleich an die eigene Taufe und gab ihr Gelegenheit, sich auf das eigene Christsein zu besinnen. Die gemeinsame Erstkommunionfeier, wie wir sie heute vielerorts am Weißen Sonntag kennen, bildete sich im 18. Jahrhundert heraus.
Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. April 2021