Im Machtkampf in Venezuela hat Präsident Nicolas Maduro Papst Franziskus um Vermittlung angefragt. Er habe um Hilfe in einem Prozess gebeten, der einen Dialog ermöglichen soll, sagte der sozialistische Präsident dem Sender Sky 24 (Montag Ortszeit). Sollte der Papst auf die Bitte eingehen, wäre es der zweite Anlauf des Vatikan, zwischen den beiden Lagern zu vermitteln.
"Auf die Seite der Menschlichkeit und der Hilfe"
Der erste Versuch war gescheitert, nachdem Maduro im Sommer 2018 das frei gewählte Parlament aufgelöst und durch eine verfassungsgebende Versammlung mit linientreuen Anhängern ersetzt hatte. Kirchenvertreter warfen ihm damals vor, gegebene Zusagen nicht eingehalten zu haben.
Unterdessen laufen die Vorbereitungen für Hilfslieferungen aus Kolumbien nach Venezuela auf Hochtouren. Oppositionsführer Juan Guaido, der sich zum Interimspräsidenten ausgerufen hat, forderte, dass sich das Militär auf "die Seite der Menschlichkeit und der Hilfe" stellen solle.
Auch die Venezolanische Bischofskonferenz forderte die Maduro-Regierung am Montag in einer Pressekonferenz auf, die notwendigen Genehmigungen für die Hilfslieferungen auszustellen. Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Weihbischof Jose Trinidad Fernandez aus Caracas, bekräftigte, die Kirche stelle sich auf die Seite derer, die Hilfe am meisten bräuchten.
Zurückhaltende Stellungnahme des Papstes
Die Bischöfe Argentiniens stellten sich indes hinter die neutrale Haltung von Papst Franziskus zum Machtkampf in Venezuela. Es sei nicht die Art des Heiligen Stuhls, diese Regierung oder eine andere konkret zu verurteilen, so der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz, Bischof Oscar Ojea von San Isidro, in einer Videobotschaft. Die Diplomatie des Vatikans sei darauf ausgerichtet, für einen Dialog zur Verfügung zu stehen. An einer differenzierten Botschaft des Papstes seien ohnehin viele nicht interessiert gewesen, so Ojea weiter; sondern nur daran, ob Franziskus Maduro nun verurteile oder nicht.
Angesichts der Anforderung von Maduro erscheint die zurückhaltende Stellungnahme des Papstes nun in einem neuen Licht. Während und nach dem Weltjugendtag in Panama im Januar hatte sich der Papst zurückhaltend zum Machtkampf in Venezuela gezeigt. "Ich leide darunter", sagte er auf dem Rückflug aus Panama nach Rom vor mitreisenden Journalisten. "Ich habe Angst vor einem Blutvergießen." Das venezolanische Volk leide. Darum bitte er alle Beteiligten um eine gerechte und friedliche Lösung.
Er selbst wolle sich in dem anhaltenden Konflikt nicht auf die Seite einer Partei schlagen, so Franziskus. "Das wäre eine pastorale Fahrlässigkeit, die Schaden anrichten könnte." In Venezuela stieß diese Haltung des Papstes auf ein unterschiedliches Echo. Während Präsident Maduro sie lobte, veröffentlichte der populäre Karikaturist Fernando Pinillo eine Zeichnung, die Franziskus mit kommunistischer Armbinde und verbundenen Augen zeigt, während Sicherheitskräfte einen Demonstranten erschießen.
Internationaler Druck entscheidend
Guaidó warb erneut um die Rückendeckung der venezolanischen Militärs. Er erwarte, dass sie die Verfassung verteidigten, sagte er in einem Interview mit dem venezolanischen Sender Antena 3. Erneut verwies er auf das vom Parlament verabschiedete Amnestiegesetz, das Straffreiheit für alle Militärangehörigen garantiere, die sich für die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Rechte einsetzen. Den internationalen Druck auf Maduro nannte er entscheidend für einen Machtwechsel.
Maduro sagte in dem am Sonntagabend ausgestrahltem TV-Interview im Sender La Sexta, es würden 50.000 bewaffnete Volkseinheiten in Venezuela gebildet, die das Vaterland verteidigen sollten. "Im Fall eines lokalen, regionalen oder nationalen Konfliktes weiß das Volk, wohin es gehört", erklärte er. Bislang ist das Militär Maduros größter Machtfaktor. Die Spitze der Streitkräfte hatte sich uneingeschränkt hinter ihn gestellt. Aus den unteren Rängen erhält jedoch Guaidó zunehmend Rückhalt. Auch am Montag kündigten weitere Militärs sowie ein Polizeichef des Staates Trujillo ihre Unterstützung für die Opposition an, wie die Tageszeitung "El Nacional" berichtete.
Parlamentspräsident Guaidó hatte sich im politischen Machtkampf mit Maduro am 23. Januar zum Übergangsstaatschef ausgerufen. Die USA, Kanada und viele lateinamerikanische Länder haben ihn bereits anerkannt. Maduro hatte sich trotz heftiger Proteste Anfang Januar für eine zweite Amtszeit vereidigen lassen, die bis 2025 dauert. Die Wahlen vom 20. Mai 2018 waren nach Überzeugung der internationalen Gemeinschaft nicht demokratisch. Das Parlament, in dem die Opposition seit 2016 eine Mehrheit stellt, wurde von Maduro entmachtet.