Heute begehen wir mit der Kirche einen interessanten Tag. Er heißt "Unsere liebe Frau in Jerusalem" und hat eine wechselvolle Geschichte: In einem apokryphen, also nicht anerkannten Jakobusevangelium wird erzählt, dass Joachim und Anna ihre Tochter Maria zum Tempel nach Jerusalem bringen, damit sie dort aufwächst und erzogen wird. Später feiert man an dem Tag die Einweihung der Marienkirche in Jerusalem im Jahr 543. Im 8. Jahrhundert in Konstantinopel gefeiert dauert es bis ins 15. Jahrhundert, bis dieser Tag für die ganze katholische Kirche geltender Feiertag wird.
Was mich an diesem Tag fasziniert, ist, dass dieses Gedächtnis in ganz vielen Kirchen begangen wird: in der orthodoxen Kirche und der armenischen, in der koptischen Kirche sogar als Fest, in der syrisch-orthodoxen und der maronitischen Kirche.
In einem wundervollen alten Hymnus heißt es:
Du große Herrin, schönste Frau, hoch über Sternen steht dein Thron.
Du trugst den Schöpfer, der dich schuf, und nährtest ihn an deiner Brust.
Was Eva einst verloren sah, gibst du im Sohne reich zurück.
Der Himmel öffnet sich in dir; zur Heimkehr steht der Weg uns frei.
Du Pforte für den Königssohn, des neuen Lichtes helles Tor,
in dir grüßt jauchzend alle Welt das Leben, das du ihr geschenkt.
Herr Jesus, dir sei Ruhm und Preis, Gott, den die Jungfrau uns gebar,
Lob auch dem Vater und dem Geist durch alle Zeit und Ewigkeit. Amen.
Und in diesem Lied wird die Liebe der Menschen zur Mutter Maria deutlich, aber eben auch, dass es um ihren Sohn geht, den sie in die Welt gebracht hat und für den sie ihre Lebenspläne aufgegeben und sich Gott zur Verfügung gestellt hat. Als fromme Powerfrau, die sehr wohl um ihren Platz in der Geschichte Gottes mit den Menschen gewusst hat.