Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Gott hat andere Kriterien

Ich weiß auch nicht so genau, wieso mich dieser kleine Pfarrer von Ars so fasziniert. Auf einem Bauernhof kurz vor Beginn der französischen Revolution geboren, erlebt er Kirche nur im Geheimen und verworrene Zeiten danach. Er spürt, dass er Priester werden möchte, aber da ist er schon zwanzig und sein zwölfjähriger Nachhilfelehrer verzweifelt fast an ihm. Das theologische Examen besteht er erst beim vierten Mal und wird nur zur Weihe zugelassen, weil ein anderer Priester für ihn eintritt. Nach drei Kaplansjahren wird er nach Ars geschickt, ein Dorf mit immer vollen Kneipen und einer leeren heruntergekommenen Kirche. Das hochtrabende Urteil der Kirchenleitung ist: "da kann er nichts mehr kaputt machen".

Das macht er auch nicht. Er baut auf, indem er betet, viele Stunden Anbetung hält, immer regelmäßig seine Gemeindemitglieder besucht und ihnen mit gesundem Menschenverstand und tiefer Frömmigkeit zur Seite steht. Er gründet ein Waisenhaus und eine Schule, weil ihm klar ist, dass die Menschen von klein auf Liebe, Geborgenheit, gute Bildung und Erziehung bekommen müssen. Und ihm ist seine Schwachheit und Unzulänglichkeit schon sehr bewusst. Als es eine Petition zu seiner Absetzung gibt, unterschreibt er sie auch selbst. Er weiß genau, dass er kein intellektuelles Genie ist und mit niemandem seiner hochgebildeten geistlichen Mitbrüder mithalten kann. Aber er weiß, was die Leute in seinem Städtchen brauchen: die Zusage der frohen Botschaft von Gottes barmherziger Liebe, der Vergebung ihrer mehr als offensichtlichen Schuld, das Gespür, dass sie auch in der tiefsten Gosse noch von Gottes Liebe und dem Gebet ihres Pfarrers gehalten werden.

Er, der zunächst wegen seiner so offensichtlichen Wissenslücken zunächst keine Erlaubnis bekommen hat, Beichte zu hören um den Menschen beratend und begleitend zur Seite zu stehen, wird dann zum wirklichen Beichtvater, zu dem immer mehr Menschen strömen und zu dem selbst der Bischof geht, um im Bußsakrament die unendliche Liebe dieses kleinen Pfarrers und somit seines großen Gottes zu erfahren. Nach damaligen und erst recht nach heutigem Ermessen, wäre er niemals zur Priesterweihe zugelassen worden. Gott hat eben andere Kriterien und das ist wirklich sehr tröstlich.

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