Am letzten Sonntag hat der Pastor nach der Messe noch herzlich eingeladen zu den geistlichen Abendmusiken in der Pfarrkirche. Und es klang so freundlich und interessant, dass wir die Einladung angenommen haben.
Wir Zuhörenden sind im eigentlichen und übertragenen Sinn zu einem Gang durch die Geschichte des Glaubens eingeladen. In der Basilika, der alten Kirche St. Clemens, erklangen u. a. die Klagelieder des Propheten Jeremia von Emilio de’ Cavalieri, unterbrochen von Fugen Johann Sebastian Bachs und kurzen Texten. Dann wurden alle eingeladen in die neue, moderne Kirche direkt nebenan, nur durch eine Glastür getrennt. Dort waren Teile aus der sogenannten Berliner Messe des neuzeitlichen Komponisten Arvo Pärt zu hören, unterbrochen von Fugen Robert Schumanns und Johann Sebastian Bachs.
Selten hat mir ein Abend so sehr gut gefallen. Die Klagelieder des Propheten Jeremia, ungefähr 600 vor Christus entstanden, besingen den Schmerz und die Trauer über die Zerstörung Jerusalems. Aber trotz aller Klage blitzt auch hier schon die Hoffnung auf Gottes Erbarmen auf. Und in den Gesängen der Berliner Messe von Arvo Pärt leuchtet die Hoffnung auf, die durch Christi Tod und Auferstehung in die Welt gekommen ist. Diese Messe ist so bedeutend, weil sie im Juni 1990, in den spannenden Monaten nach dem Mauerfall 1989 und der Wiedervereinigung im Oktober 1990 beim Katholikentag in Berlin in der Hedwigskathedrale uraufgeführt worden ist. Das Thema des Katholikentages damals war "Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben" aus dem Buch Jeremia.
Mir sind beim Zuhören und Bedenken, Überwältigtsein und Beten ganze Christbäume von Lichtern aufgegangen. Niemals ist den Menschen, die an Gott glauben, die Hoffnung verloren gegangen. Auch in Gefangensein, Leid, Krieg, Katastrophen und Zerstörungen gab es einen Funken Licht, einen Menschen, der dieses Licht verkündet hat und Glaubende, die gegen alle Vernunft, an diesem Licht der Hoffnung festgehalten haben. Bis heute.