Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Was aus einer Plauderei am Zaun werden kann

Ein Vorgarten ist etwas Entzückendes. Unser Garten liegt gegenüber vom Haus und wir müssen nur die Straße überqueren. Also habe ich die letzten Abende genutzt, um Sommerblumen zu säen und den Boden vorher noch ein bisschen vor zu bereiten. Zunächst hat eine Gruppe junger Jugendlicher auf der Turmtreppe gegenüber zugeschaut, dann sind sie aber gegangen und haben sich eine Ecke gesucht, wo sie sich nicht so beobachtet fühlen.

Und dann kamen Spaziergänger und Leute, die unsere Straße als Abkürzung benutzen. Und fast immer bleiben sie stehen, um ein bisschen zu plaudern. Zunächst über den Garten und die so schön blühenden tränenden Herzen. Dann natürlich über das, was ich da gerade säe, und dann irgendwie automatisch über Gott und die Welt. Es ging um den Krieg in der Ukraine und den Trabbel in unserer Kirche, um die Angst vor einem Krieg und um die Sorge, was die Kinder mal werden.

Und dann kam eine Frau mit zwei Kindern vorbei. Sie ist aus der Ukraine geflüchtet und wohnt jetzt im Nachbarhaus, habe ich erfahren. Da kommt der Krieg und die Folgen für die Menschen plötzlich ganz nah an uns heran. Und das ist genau die Chance. Wenn die Ereignisse in Welt und Gesellschaft und Kirche irgendwie weit weg sind, können wir super damit umgehen, urteilen und werten und es stört nicht weiter. Aber sowie uns Beteiligte, Menschen also, nahe kommen und wir ihre Geschichte, ihre Anliegen, ihre Sorgen und Fragen kennen, rückt es uns auf den Pelz, können wir nicht mehr unbeteiligte Zaungäste sein.

Einer der schönsten Konstitutionen des zweiten Vatikanischen Konzils, die ich gerade dieser Tage gelesen habe, da geht es darum, in der ersten Zeile zu lesen: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger*innen Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.“

Und manchmal reicht es zunächst, einfach da zu sein, sichtbar und ansprechbar, damit Menschen ihre Fragen und Sorgen loswerden können. Und dann zu schauen, was können wir tun, wie können wir helfen, was braucht die Einzelne und was nützt den neuen Nachbarinnen. Manchmal reicht also eine Plauderei am Zaun, um Vorurteile abzubauen, Fremdheitsgrenzen zu überwinden und aus einer trockenen Tagesschaukriegsnachricht eine herzliche Beziehung werden zu lassen.

Themen