Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Was ist uns gemeinsames Gebet wert?

Kennen Sie Nowa Huta? Das ist heute ein Stadtteil von Krakau in Polen. Dieser Stadtteil wurde 1947 von der kommunistischen Regierung in Warschau geplant als Trabantenstadt rund um ein Stahlwerk, "Die Neue Hütte". Es wurden neue Wohnblocks, Schulen, Geschäfte, Theater und andere Kultureinrichtungen gebaut, aber keine Kirche. Es sollte eine Stadt ohne Gott werden. Man wollte den Glauben aus den Herzen der Menschen reißen und hier ein Exempel statuieren gegen den Glauben und die Kirche, gegen Gott.

Es hat aber nicht lange gedauert, da haben die Menschen dort gespürt, dass das nicht geht. Menschen aus ganz Polen, die im festen Glauben an Gott aufgewachsen sind, haben zunächst eine gewisse Freiheit verspürt, wie es junge Leute tun, wenn sie von zuhause ausziehen und erstmal nicht mehr zur Kirche gehen. Aber dann haben die Menschen in Nova Huta ein Kreuz auf einem Platz errichtet und sich dort zum Gebet getroffen. Tausende Menschen, bei jedem Wetter, jeden Sonntag. Und die Kommunisten sahen ihr Projekt bedroht und haben Leute geschickt, das Kreuz abzureißen. Und es wurde neu errichtet, und wieder eingerissen immer weiter. Und irgendwann wurde das Gelände doch vom Staat freigegeben und eine Baugenehmigung erteilt. Aber niemand durfte für die Kirche Material, Beton, Stahl, Holz liefern. Und jeden Tag wurden auf der Baustelle Gottesdienste gefeiert, frühmorgens und abends. Und immer im Freien bei Schnee, Eis, Kälte, Regen und Hitze. Die Grundsteinlegung 1967 wird mit mehr als 50.000 Menschen gefeiert. Und erst mit der Hilfe der Katholiken aus den umliegenden Ländern, die unglaubliche Spenden geleistet haben, konnten Material und Maschinen gekauft werden. Die Leute von Nova Huta haben ihre Kirche quasi mit ihren eigenen Händen gebaut und jahrelang nach ihrer eigenen Schicht auf dem Bau oder im Stahlwerk abends und nachts an der Kirche gebaut. Die Kirche wurde als Arche gebaut. Eine rettende Arche über dem roten Meer der kommunistischen Stadt, so hat es der damalige Pfarrer beschrieben. 1977 wird sie vom damaligen Kardinal Woytyla eingeweiht und ist bis heute ein Symbol für den Kampf der Glaubenden um die Ausübung ihres Glaubens gegen Unterdrückung und Unfreiheit. Mittlerweile gibt es in Nova Huta mehr als 15 Kirchen. Advents- und Weihnachtsgottesdienste im Freien in klirrender Kälte mit zehntausenden Menschen über viele Jahre, das hat mich mehr als beeindruckt. Weil für die Menschen der Glaube an Gott und die Feier der Eucharistie jedes eigene Opfer mehr als wert war.

Mir fiel diese Geschichte ein, als es in den letzten Wochen wegen der Energiekrise um das Heizen der Kirchen hier bei uns im Land ging. Was ist uns gemeinsames Gebet und die Feier der Eucharistie wert, wenn ich nur einen Mantel, und vielleicht einen Schal anziehen muss und meinen Glauben nicht über Jahrzehnte gegen ein glaubensfeindliches Regime zu verteidigen habe?

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