Was für ein Mond! Unglaublich, wie er da am Himmel steht. So nah. So greifbar. So unerreichbar.
Dabei wollte ich gar keinen Mond anschauen. Eigentlich wollte ich den Sonnenuntergang fotografieren.
Schon die ganzen letzten Tage hat der Himmel sich spektakulär verfärbt. Jeden Abend beim Hundespaziergang mit dem Jüngsten gehen mir die Augen über, wenn in der Ferne der Horizont orange-glut-golden-rot auflodert.
Jeden Abend denke ich, ich muss ein Handy mitnehmen, um diese Farben einzufangen.
Jeden Abend vergesse ich das Handy.
Anfang der Woche schaffe ich es endlich. Denke an das Handy. Aber an dem Abend ist es spät geworden. Betrübt stelle ich fest, dass das das Rot am Horizont schon der Nacht weicht.
Dafür aber sehe ich auf dem Rückweg den Mond. Wow. Das ist ja ein wahres Naturspektakel.
Aufgeregt nehme ich die Handykamera. An der ich noch sehr ungeübt bin. Der tolle Mond sieht im Handydisplay irgendwie nach – nichts aus.
Mein Sohn lacht und lacht. Ich fürchte, er lacht mich aus.
Dann sagt er: Schau mal hier, und hält mir seine Handyfotos hin. Hell und majestätisch leuchtet der Mond vom Display.
Mein Sohn meint ritterlich, es läge an seinem Handy, auf dem ein angebissener Apfel prangt.
Vielleicht. Aber wenn ich sehe, wie geschickt er mit den Daumen Ausschnitte vergrößert, hier klickt, dort klickt und schon wieder noch eine schönere Aufnahme von dem Mond hat, denke ich: Niemals nicht ist das nur die Kamera, das ist auch mein Sohn. Er hat einfach einen Wissens-, Übungs- und Erfahrungsvorsprung.
Den ich sicher nicht mehr einholen kann.
Wie an so vielen anderen Stellen auch nicht, an denen meine Kinder mir im Umgang mit der Welt, vor allem der digitalen, Universen voraus sind.
Oft fühlt sich das an, als würden sie schon die Welt von Morgen bewohnen. Ich aber noch in der Welt von heute, die morgen schon von gestern sein wird, verhaftet sein.
Aber nun, genau das ist der Lauf der Dinge. So muss das sein.
Wie schön, dass wir, ganz gleich in welcher Welt wir leben und wie gut oder wie schlecht wir digital fotografieren können, immer denselben Mond sehen.