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Vielleicht gibt es schönere Zeiten aber diese ist unsere

Eigentlich wollte ich einer Freundin aus der Studienzeit nur zum Geburtstag gratulieren. Aber dann landen wir doch beim Krieg.

Wir haben uns lange nicht gesprochen. Und ich wollte nicht schon wieder nur eine E-Mail oder eine Karte schicken. Deswegen rufe ich kurzentschlossen einfach an.

Meine Freundin ist überrascht. Und freut sich. Natürlich wollen wir beide wissen, wie es der anderen und ihren Liebsten geht. Mit den Kindern ist so weit alles gut. Alle stecken in irgendwelchen Ausbildungen.

Meine Freundin war immer eine zuversichtliche Person. Umso ungewöhnlicher ist, dass sie sagt: „Da hatte man sich so auf das Ende der Pandemie gefreut – und dann das. So ein Nackenschlag.“

Mir ist klar, dass sie mit Nackenschlag den Krieg in der Ukraine meint. Kurz schwanke ich, was ich antworten soll. Denn, wie soll ich es sagen, den Nackenschlag bekommen doch nicht wir. Sondern die Menschen in der Ukraine. Beziehungsweise, die bekommen doch viel mehr als einen Nackenschlag.

Ich schlucke meinen Einwand herunter. Das hier ist ein kurzer Geburtstagsanruf. Keine politische Debatte.

Wir reden dann doch noch kurz darüber, dass das Lebensgefühl unter Corona war, dass man halt eine schwere Zeit durchmache und dann werde es wieder besser.

Nur, dass es gerade nicht besser wird, sondern schlechter. Und im Vergleich zu Klimakrise und Krieg war oder ist Corona immer noch die kleinste Herausforderung.

Selbst wenn der Krieg hoffentlich so schnell wie möglich aufhört – bleiben die Kriegsfolgen. Und die Klimakrise nimmt Schwung auf.

So wahr das alles ist und so richtig ich es finde, dosiert hinzuschauen und sich nicht an den Krieg zu gewöhnen, so richtig finde ich auch, all das Gute zu sehen, das wir haben.

Um es mit Jean-Paul Sartre zu sagen: Vielleicht gibt es schönere Zeiten, aber diese ist unsere.

Genau, diese Zeit ist die, die, die wir haben. Die einzige, die wir haben.

In dieser, unserer Zeit, haben wir immer noch unfassbar viel Wohlstand. Und wir haben die Wahl. Wir können jetzt Angst haben, dass wir bald frieren. Dass uns Mehl und Öl ausgehen. Dass das Benzin zu teuer ist.

Oder wir sehen unseren vielen Wohlstand. Und freuen uns, dass wir ihn haben. Dass wir im Warmen sitzen und genug zu essen haben. Und dass wir deswegen auch unfassbar viel tun können.  Und das ist doch, eigentlich, wunderbar.