30.03.2025 | 20:00 - 22:00 | Musica

Bachs Frühwerk "Actus tragicus“ passt gut zur Fastenzeit

Die allerbeste Zeit!

Altes Kreuz auf einem Friedhof, auf dem ein Rosenkranz hängt / © Valeri Vatel (shutterstock)

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Gerade mal 22 Jahre war er alt, als Bach mit dem "Actus tragicus" ein absolutes Meisterwerk komponierte. Textausdeutung und Musiksprache zeigen schon zu diesem Zeitpunkt seine Meisterschaft. Inhaltlich passt es gut zur Fastenzeit.

Die Fastenzeit dient als Vorbereitungszeit auf Ostern - Buße und Umkehr gehören dazu, außerdem wird die menschliche Vergänglichkeit mit Blick auf Jesu Kreuzestod noch einmal deutlich. Dazu passt der Anlass der Kantate. "Gottes Zeit ist die allerbeste“, so lautet der offizielle Titel und Anlass war wohl eine Beerdigung - daher auch der Beiname "Actus tragicus" – eventuell für Bachs Onkel oder den verstorbenen Bürgermeister von Mühlhausen. 

Hier wirkte Bach am Anfang des 18. Jahrhunderts: die Divi-Blasii-Kirche in Mühlhausen in Thüringen. / © Shamsiya Saydalieva (shutterstock)
Hier wirkte Bach am Anfang des 18. Jahrhunderts: die Divi-Blasii-Kirche in Mühlhausen in Thüringen. / © Shamsiya Saydalieva ( (Link ist extern)shutterstock )

Dort war Bach 1707/08 für kurze Zeit als Organist angestellt. Dem Anlass entsprechend ist die Musik sehr zurückhaltend geschrieben. Die instrumentale Besetzung ist ungewöhnlich: nur zwei Blockflöten, zwei Gamben und Generalbass.

Das Grundthema der Kantate ist der Tod, der auf alle Menschen wartet. Aber es gibt die feste Hoffnung auf das Ewige Leben. So weist die Kantate eine klare Zweiteilung auf. Im ersten Teil dominiert der Gedanke, dass der Mensch nach dem alten Gesetz, dem alten Bund sterben muss: "Es ist der alte Bund, Mensch, du musst sterben!" So zitiert Bach aus dem alttestamentlichen Buch Jesus Sirach.

Alter und Neuer Bund als Sinnbilder für Tod und Leben

Johann Sebastian Bach  (KNA)

Diese Aussage vertont Bach durch eine tief angelegte Fuge, die das Grab, den alten Bund versinnbildlicht. Dagegen setzt der spätere Thomaskantor die hochgesetzte Stimme der gläubigen Seele, die "Ja komm, Herr Jesu" in permanenter Wiederholung ausruft. Jesus schließt den neuen Bund und rettet in dieser Vorstellung den Menschen, der durch seine Sündhaftigkeit dem Tod geweiht ist.

Anders als bei den späteren Kantaten für die Thomaskirche in Leipzig gehen die einzelnen Abschnitte dieser frühen Kantate von Bach fast immer ineinander über. Der zweite Teil wird von der festen Überzeugung dominiert, dass Gott treu ist und den gläubigen Menschen erlöst hat. Fast schon wie ein intimes Gespräch zwischen zwei Verliebten drückt die Altstimme in ihrer Arie diese Überzeugung aus – Assoziationen an die mittelalterliche Mystik drängen sich auf.

Diese dichten musikalischen Momente, die tiefe Aussagekraft der Musik und die kompakte Deutung der Bibel- und Kirchenliedertexte durch Bachs Musik zeigen schon früh seine Genialität.

Krönender Abschluss der Kantatenform des 17. Jahrhunderts

Etwas rätselhaft ist aus heutiger Sicht die Besetzung der Sänger. Bach sieht Sopran, Alt, Tenor und Bass vor. Allerdings liegt die eine Bass-Arie sehr tief, die andere ist eigentlich zu hoch angelegt. Ob der spätere Thomaskantor das Werk für einen bestimmten Sänger mit großem Tonumfang schrieb oder zwei verschiedene Bassisten vorsah, lässt sich heute nicht mehr sagen – auch ob die vier Stimmen solistisch oder chorisch damals besetzt wurden, kann aufgrund der Quellenlage nicht final entschieden werden.

Bachs frühe Kantate ist stilistisch noch nahe an der Klangwelt eines Dieterich Buxtehudes oder Nikolaus Bruhns – Anfang des 18. Jahrhunderts setzte ein Stilwechsel ein, dem sich auch Bach anschloss. Vor diesem Hintergrund wirkt diese Kantate wie der krönende Abschluss des 17. Jahrhunderts.

Im Radioprogramm von DOMRADIO.DE erklingt das Werk am vierten Fastensonntag "Laetare" zusammen mit dem Requiem in f von Heinrich Biber ab 20 Uhr.

Fastenzeit

Die 40-tägige christliche Fastenzeit beginnt Aschermittwoch und endet am Gründonnerstag vor Ostern. Seit dem 5. Jahrhundert rückte während der Vorbereitung auf Ostern das Fasten in den Mittelpunkt. Da an Sonntagen nicht gefastet werden sollte und sie deshalb nicht als Fastentage gezählt werden, wurde der Beginn der Fastenzeit offenbar im sechsten oder siebten Jahrhundert vom sechsten Sonntag vor Ostern auf den vorhergehenden Mittwoch, den Aschermittwoch, vorverlegt.

Fastenzeit / © Tomasetti (DR)
Fastenzeit / © Tomasetti ( DR )

 

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