19.03.2023 | 20:00 - 22:00 | Musica

Bachs Kantaten vertonen zentrale Themen der Fastenzeit

"Komm o Tod, du Schlafes Bruder"

 © Valeri Vatel (shutterstock)

Sendung

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Dass Bach oft der fünfte Evangelist genannt wird, liegt an seiner tiefgehenden, sehr sorgfältig komponierten geistlichen Musik. Das gilt auch für die Kreuzstabkantate BWV 56.

Johann Sebastian Bach  (KNA)
Johann Sebastian Bach / ( KNA )

Sie passt gut zur Fastenzeit, denn das beherrschende Thema ist das Tragen des Kreuzstabes, des Kreuzes also, das jeder Christ auf sich nehmen soll. Am Ende eines Lebens voller Mühsal wird dieses Tragen aber belohnt, denn der Gläubige wird in das gelobte Land geführt, wie es im Eingangssatz der Kantate vom Bass-Solo-Sänger formuliert wird. Das Kreuz zu tragen ist also letztlich für den Christen keine Last, sondern nach dieser Auffassung eine Befreiung.

Musikalisch lässt Bach den Kreuzstab im ersten Satz durch einen übermäßigen Sekundschritt hörbar werden, das "Tragen des Kreuzstabes“ wird durch Seufzerfiguren abgebildet.

Im zweiten Satz der Kantate wird das Leben des Menschen als Schifffahrt bezeichnet. Der Gedanke, dass der Tod letztlich der Weg zu Gott ist, lässt den Gläubigen das Sterben im dritten Satz geradezu herbeisehnen. Diese Todessehnsucht und der Gedanke, dass das menschliche Leben wie eine Schifffahrt ist, werden in den Worten des berühmten Schlusschorals noch einmal aufgegriffen: Komm, O Tod Du Schlafes Bruder, Komm Und Führe Mich Nur Fort", so singt der Chor im letzten Satz.

"Actus tragicus" als geniales Frühwerk

Die Kantate "Gottes Zeit ist die allerbeste" trägt den Beinamen "Actus tragicus" und gilt als eine der ersten überhaupt. Johann Sebastian Bach komponierte sie vermutlich um das Jahr 1707 für eine Beerdigung. Zum Zeitpunkt der Entstehung war er Organist in Mühlhausen. Entweder schrieb er das Werk zum Tod des dortigen Bürgermeisters oder für seinen verstorbenen Onkel.

Hier wirkte Bach am Anfang des 18. Jahrhunderts: die Divi-Blasii-Kirche in Mühlhausen in Thüringen. / © Shamsiya Saydalieva (shutterstock)
Hier wirkte Bach am Anfang des 18. Jahrhunderts: die Divi-Blasii-Kirche in Mühlhausen in Thüringen. / © Shamsiya Saydalieva ( shutterstock )

Die Besetzung umfasst zeittypisch Blockflöten, Streicher, Generalbass und einen Chor. Die Kantate besteht aus zwei Einheiten, im ersten Teil geht es um die Vorstellung des Sterbens im Alten Testament, während der zweite Abschnitt sich mit der Auferstehungsvorstellung des Neuen Testaments auseinander setzt.

Der Gegensatz Neuer und Alter Bund Gottes mit den Menschen wird zum Beispiel mit einer quasi altmodischen Fuge am Ende des ersten Teils verdeutlicht. Ungewöhnlich ist die Besetzung; es ist nicht klar, ob ein klassischer Chor vorgesehen ist oder ob der Gesangspart durchgängig von Solisten gesungen wird.

Zudem gibt es zwei Abschnitte für Bass, wobei der eine tief und der andere so hoch gehalten ist, das es den üblichen Tonumfang eigentlich sprengt. Nicht nur daran wird deutlich: der Actus tragicus mag ein Frühwerk Bachs sein, aber ein Geniestück ist es auf jeden Fall.

"Typische" Bachkantate mit hypnotischem Eingangschor

Die Kantate "Jesu der du meine Seele“ entstand deutlich später, sie wurde ursprünglich für den 14. Sonntag nach Trinitatis in Leipzig geschrieben. Der Text des Werkes passt ebenfalls sehr gut zur Fastenzeit. Bach vertonte ein Buß- und Trostlied von Johann Rist.

Blick in die Leipziger Thomaskirche (shutterstock)

In den sieben Abschnitten der Kantate wird die Sterblichkeit des Menschen, seine Sündhaftigkeit und die Rettung durch Jesus Christus thematisiert. Besonders eindrucksvoll ist der erste Satz. 

Die Choralmelodie als cantus firmus wird in einem stimmungsvollen Miteinander von Chor und Orchester eingebunden, auffällig sind vor allem die chromatischen Abstiege in allen Stimmen, die einen drängenden und schmerzhaften Charakter haben. Nach zwei Rezitativen und drei kunstvollen Arien endet die Kantate mit einem schlichten, aber wirkungsvollen Schlusschoral.

Im Radioprogramm von DOMRADIO.DE erklingen die drei Werke ab 20 Uhr am Sonntagabend.

 

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