Die Kriege im Heiligen Land und in der Ukraine bestimmen die Nachrichten dieser Tage. Auch die militärischen Auseinandersetzungen im Jemen, in Syrien und an vielen anderen Orten unserer friedlosen Welt, die mit unzähligen Opfern einhergehen, machen uns betroffen. Aber bei dieser Betroffenheit dürfen wir nicht stehen bleiben.
Der Welttag des Friedens am 1. Januar erinnert neu an den christlichen Auftrag, uns aktiv – in Gebet und Arbeit – für den Frieden einzusetzen. Dabei wird uns bewusst, wie voraussetzungsvoll der Friede ist: Er ist ja nicht einfach die Abwesenheit von Krieg, sondern erfordert auf allen Ebenen des Zusammenlebens ein faires und respektvolles Miteinander, das beim Einzelnen und in den Familien beginnt und bis zu den globalen Strukturen der Völkergemeinschaft reicht. Dieses Miteinander fordert den ganzen Menschen ein: seine Fähigkeiten, seine Verantwortung, sein Gewissen.
Papst Franziskus macht uns in seiner Botschaft zum kommenden Weltfriedenstag auf eine Entwicklung aufmerksam, die begonnen hat, das menschliche Miteinander erheblich mitzubestimmen. Es geht um die Künstliche Intelligenz, die bereits anfanghaft den Alltag durchdringt und auch für das friedliche Zusammenleben mit Chancen, aber auch enormen Gefahren verbunden ist.
Die Auswirkungen auf den Frieden in der Welt finden im allgemeinen Bewusstsein und auch in der Friedensethik noch wenig Beachtung. Dabei ist die Künstliche Intelligenz längst Teil der modernen Kriegsführung und gewinnt auch in der Konfliktforschung zunehmend an Einfluss.
Aus der Papstbotschaft zum bevorstehenden Weltfriedenstag möchte ich vier Aspekte hervorheben:
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Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz steht noch am Anfang: Viele Einsätze sind denkbar oder werden erprobt, etwa in der Verwaltung, in den Medien, in der Medizin, im Verkehr oder im Sicherheitsbereich – auch beim Einsatz „autonomer Waffensysteme“. Zu wessen Nutzen die Künstliche Intelligenz schließlich eingesetzt wird, kann nicht pauschal gesagt werden. Fest steht aber, wie der Papst schreibt, dass wir nicht a priori davon ausgehen können, „dass ihre Entwicklung einen positiven Beitrag zur Zukunft der Menschheit und zum Frieden zwischen den Völkern leisten wird“.
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Entwicklung und Anwendung der Künstlichen Intelligenz müssen ethisch reflektiert und moralisch verantwortet werden. Die von Papst Franziskus hierfür angeführten Kriterien sind Menschenwürde und Geschwisterlichkeit. Diese müssen sich niederschlagen in Gesetzen, Richtlinien und Standards, die den verantwortlichen Einsatz der Künstlichen Intelligenz sicherstellen. Formal geht es dabei um die Einhaltung von Rechten, um eine notwendige Transparenz und die Frage nach der Übernahme juristischer und politischer Verantwortung. Inhaltlich geht es darum, zur „Sache des Friedens“ und zur „Verbesserung der Lebensqualität der gesamten Menschheit“ beizutragen, so der Papst.
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Die Möglichkeiten, Grenzen und Risiken der Künstlichen Intelligenz müssen in der Bildungsarbeit, an den Schulen und Universitäten stärker aufgearbeitet werden. Dies entscheidet darüber, ob und wie sich die Gesellschaften weltweit mit den neuen ethischen Herausforderungen rund um die Künstliche Intelligenz auseinandersetzen können. Egal ob bei der Nutzung digitaler Kommunikationsmittel oder beim Einsatz neuer Waffensysteme – wir brauchen im Umgang mit der Künstlichen Intelligenz immer einen informierten und kritischen Geist, der in der Lage ist, verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Ein solches Bewusstsein muss auf individueller und auf gesellschaftlicher Ebene ausgebildet werden.
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Die große Bedeutung der Künstlichen Intelligenz für das friedliche Zusammenleben macht eine aktive Regulierung und Gesetzgebung notwendig, um negative Auswirkungen und Missbrauch zu verhindern und potenzielle Risiken zu überwachen. Die globale Reichweite dieser neuen Technologie fordert zwingend die internationale Zusammenarbeit, zu der der Papst mit Nachdruck aufruft.
Als Kirche haben wir die Verantwortung, eine treibende Kraft für den Frieden zu sein. Wir müssen für ein respektvolles Miteinander und für eine Welt eintreten, in der das Wohl aller Menschen Vorrang hat. Möge der Welttag des Friedens am 1. Januar 2024 hierzu inspirieren und vielen ein Anlass sein, auch die oftmals komplizierten Voraussetzungen des Friedens zu bedenken! Dabei dürfen, ja müssen wir kurz nach dem Weihnachtsfest auch auf den blicken, der uns Hoffnung auf einen umfassenden Frieden schenkt: Jesus Christus. (Quelle: Deutsche Bischofskonferenz/29.12.2023)