Mehr als zwei Jahre nach einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sich der Bundestag am Freitag mit konkreten Vorschlägen zur Regelung der Sterbehilfe in Deutschland befasst.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 2020 ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt hatte, da es das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben verletzte. Dabei hat "geschäftsmäßig" nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet "auf Wiederholung angelegt".
Mitte Mai hatte sich der Bundestag bereits in einer Grundsatzdebatte noch ohne konkrete Entwürfe mit dem Thema beschäftigt. In den drei Initiativen aus dem Parlament geht es um Regeln für mögliche organisierte Angebote, unter anderem mit Beratungspflichten und Wartefristen. Dazu sollen zunächst Ausschussberatungen folgen:
- Nach dem Entwurf einer Abgeordnetengruppe um Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) soll die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe gestellt werden - aber mit einer Ausnahme für Volljährige: Um die freie Entscheidung ohne inneren und äußeren Druck festzustellen, sollen in der Regel zwei Untersuchungen durch einen Facharzt oder eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie im Abstand von drei Monaten und eine umfassende ergebnisoffene Beratung vorgegeben werden.
- Eine Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Petra Sitte (Linke) schlägt eine Neuregelung außerhalb des Strafrechts vor. Sie soll "das Recht auf einen selbstbestimmten Tod legislativ absichern und klarstellen, dass die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich ist", wie es im Entwurf heißt. Vorgesehen ist ein breites Beratungsangebot. Ärzte sollen Arzneimittel zum Zweck der Selbsttötung dann verschreiben dürfen, wenn sie von einer "gewissen Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit des Sterbewunsches" ausgehen. Seit der Beratung müssten in der Regel mindestens zehn Tage vergangen sein.
- Eine Gruppe um Renate Künast (Grüne) und Nina Scheer (SPD) legt den Entwurf eines "Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben" vor. Es soll Betroffenen sicheren Zugang zu bestimmten Betäubungsmitteln eröffnen. Vor der Abgabe soll eine verpflichtende Beratung vorgegeben werden. Dabei soll nach Motiven unterschieden werden: Bei Menschen in "gegenwärtiger medizinischer Notlage" müssten zwei Ärzte im Abstand von zwei Wochen die Voraussetzungen bestätigen. Bei Sterbewunsch aus anderen Gründen sollen höhere Anforderungen zum Nachweis der Dauerhaftigkeit des Entschlusses gelten. Hierfür soll eine Landesbehörde die Voraussetzungen überprüfen und dann eine ein Jahr gültige Bescheinigung auf Zugang zu Betäubungsmittel ausstellen. (dpa, 25.11.22)