Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich hinter den Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gestellt, über den Jahreswechsel hinaus zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke als Notreserve bereitzuhalten. "Grundsätzlich bleibt es beim Ausstieg aus der Atomenergie", sagte der SPD-Politiker in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). "Für diesen Winter ermöglichen wir aber, dass die beiden Kernkraftwerke in Süddeutschland, Neckarwestheim 2 und Isar 2, bis ins nächste Jahr hinein noch einige Monate laufen können, damit wir auf jeden Fall ausreichend Strom zur Verfügung haben."
Zur abweichenden Position der FDP, die einen längerfristigen Weiterbetrieb aller drei Atomkraftwerke fordert, sagte Scholz: "Die FDP blickt bekanntlich etwas anders auf die Atomkraft, das ist völlig legitim. Jetzt geht es um die Energieversorgung im kommenden Winter, da wird die Regierung sehr einvernehmlich handeln."
Habeck hatte am Montag auf der Grundlage einer Untersuchung zur Stabilität der Stromversorgung vorgeschlagen, die zwei süddeutschen Kraftwerke für den Fall von Engpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten: Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Nach dem unter der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossenen Atomausstieg sollten eigentlich alle deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende endgültig vom Netz gehen.
FDP-Vertreter plädieren für einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke. Es wäre richtig, die drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen, "damit mehr Menge in den Markt kommt, mehr Menge bedeutet sinkende Preise", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". "Denn diese hohen Strompreise kann kein Unternehmen in Deutschland zahlen und auch kein privater Haushalt." (dpa/6.9.22)