"Wir sind Kirche" ist ein 1995 entstandener Zusammenschluss von Katholiken, die für Veränderungen in ihrer Kirche eintreten. Eine feste Mitgliedschaft gibt es nicht. Die Sprecher der Organisation verweisen auf bundesweit mehrere Zehntausend Unterstützer. Beobachter gehen von weitaus niedrigeren Zahlen aus.
Die Wurzeln der inzwischen in rund 30 Ländern vertretenen Gruppe liegen im österreichischen "Kirchenvolksbegehren", das 1995 Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal um den Wiener Kardinal Hans Hermann Groer forderte. Der Name der Bewegung geht nach eigenen Angaben auf ein Wort von Papst Pius XII. aus dem Jahr 1946 zurück: Die Laien gehören demnach nicht zur Kirche, sie sind Kirche. Außerdem erinnert der Name an die Losung der Leipziger Montagsdemonstrationen "Wir sind das Volk" kurz vor dem Ende der DDR.
Die früheren Kernforderungen gelten bis heute als Leitlinien des Engagements von "Wir sind Kirche": Aufbau einer geschwisterlichen Kirche, volle Gleichberechtigung von Frauen in allen Kirchenämtern, ein Ende des Pflichtzölibats für Priester, eine positivere Bewertung von Sexualität und ein neuer Stil bei der Verkündung des Glaubens. Ein Großteil dieser Themen wird derzeit im Reformdialog unter der Überschrift Synodaler Weg in Deutschland verhandelt, den die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) organisieren.
Leitfiguren für "Wir sind Kirche" sind Theologen wie der Schweizer Hans Küng und der Paderborner Eugen Drewermann sowie der vom Vatikan 1995 degradierte französische Bischof Jacques Gaillot. Aktuell setzt die Gruppe einige Hoffnungen auch in Papst Franziskus, während sie dessen beiden Vorgängern Benedikt XVI. und Johannes Paul II. sehr kritisch gegenüberstand.
"Wir sind Kirche" organisiert bundesweit Veranstaltungen und versucht die verschiedenen Reformakteure - auch international - zu vernetzen. Regelmäßig veröffentlicht die Bewegung Stellungnahmen zu theologischen und kirchenpolitischen Fragen. Auch bei Kirchen- und Katholikentagen ist die Gruppierung präsent. Offizielle Kontakte zur Deutschen Bischofskonferenz gibt es nicht. (KNA/Stand:21.09.2020)