"Von guten Mächten" war der letzte Text, den Dietrich Bonhoeffer vor seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten noch schreiben konnte. Nach diesem Gedicht folgen um den Jahreswechsel 1944/45 noch zwei kurze Briefe an Angehörige, danach nichts mehr. Am 9. April 1945, einen Monat vor Kriegsende, wird Bonhoeffer im KZ Flossenbürg hingerichtet.
Johann Hinrich Claussen, der Kulturbeauftragte der EKD, sagt: "Es gibt unterschiedliche Formen, im christlichen Glauben auf schwere Schicksalsschläge oder eben hier auf eine unausweichliche Situation zu reagieren: Es gibt zum Beispiel Trotz – Luther assoziiert man damit – und feste Auferstehungshoffnung, auch die hat ihre Schönheit und Kraft. Es gibt aber auch das Tastende, einen zarten Glauben. Und der hat sein hohes Recht. Er findet hier wunderbaren Ausdruck, und zwar so, dass viele Menschen, die in einer ganz anderen Situation sind, sie sind nicht in Haft, keine NS-Diktatur, und trotzdem ist ihr Leben traurig oder irgendwie schwierig, sodass sie diese Worte, diese Klänge ausleihen können."
Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
Auszüge aus "Von guten Mächten"
(Quelle: Deutschlandfunk Kultur)