Mehrere Sachverständige haben den Gesetzentwurf der Fraktionen der Linken, Grünen und FDP zur Ablösung von Staatsleistungen an die Kirchen gelobt. Mit dem Entwurf sei eine "ernst zu nehmende Gesetzesinitiative zustande gekommen", sagte etwa der Staatskirchenrechtler Ansgar Hense am Montag in der Anhörung im Innenausschuss des Bundestages. "Gleichwohl ist dies nur ein erster Schritt".
Unterschiedliche Einschätzungen kamen von den Rechts- und Religionsexperten bei der Frage, wie sich Kirchen und Bundesländer auf die Höhe der Ablösesumme einigen sollen. Ebenfalls im Ausschuss besprochen wurde ein Entwurf der AfD-Fraktion, der zum Teil scharf kritisiert wurde. "Er ist offensichtlich verfassungswidrig", sagte der Rechtswissenschaftler Hans Michael Heinig von der Georg-August-Universität Göttingen angesichts der Bemessungsgrundlage im AfD-Entwurf.
Auslöser für die Staatsleistungen waren laut dem Staatsrechtler Joachim Wieland Enteignungen deutscher Kirchen und Klöster Anfang des
19. Jahrhunderts. Die Weimarer Verfassung sah demnach vor, die regelmäßigen Zahlungen durch eine einmalige angemessene Entschädigung abzulösen. Diese Regelung wurde in das Grundgesetz übernommen.
"Als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Ablösungen sieht unser Entwurf das 18,6-fache der jährlich zu leistenden Zahlungen im Jahr 2020 vor", erklärte der religionspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Benjamin Strasser. Den Angaben zufolge zahlen die Bundesländer jährlich Staatsleistungen in Höhe von rund 548 Millionen Euro an die Kirchen.
"Hier wird man sich streiten über die Frage: Gilt das Äquivalenzprinzip, gilt das Prinzip der Angemessenheit? Und da unterscheiden sich eigentlich die Gesetzentwürfe", sagte Rechtsanwalt Michael Adam (AfD). Die AfD setzt in ihrem Entwurf die Ablösesumme deutlich geringer an. "Einschließlich der Zahlungen des laufenden Jahres würden die Länder noch rund drei Milliarden Euro an die Kirchen zahlen", hieß es auf dpa-Anfrage.
Die AfD begründet die Ablösung der Staatsleistungen auch damit, dass sich Kirchen "unangemessen stark in die Politik einmischen" und nennt etwa die private Seenotrettung im Mittelmeer als Beispiel. "Verkannt wird damit, dass es nicht Sache staatlicher Organe ist, sich über den Auftrag der Kirchen Gedanken zu machen", betonte der Rechtsprofessor Claus Dieter Classen von der Universität Greifswald. (dpa, 12.4.21)