Die Siege der deutschen Fußball-Nationalelf gegen Frankreich und die Niederlande haben die Hoffnung auf ein "Sommermärchen 2.0" geschürt. Eine erfolgreiche Europameisterschaft wäre nicht nur im Sinn der Fußballfans, sondern auch der TV-Sender.
Gleich vier Fernsehveranstalter teilen sich die Kosten für die Senderechte für die Fußball-Europameisterschaft, aber sollte das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann ähnlich früh scheitern wie bei den letzten Turnieren, wäre die kostspielige Lizenzware nur noch die Hälfte wert. Dabei hat sich mit ARD, ZDF, Magenta TV und der RTL-Gruppe eine Allianz gefunden, die auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt.
Kopf des Quartetts und Partner des Veranstalters Uefa ist die Deutsche Telekom; sie besitzt die Senderechte. Der kostenpflichtige Telekom-Sender Magenta TV wirbt mit der Devise "EM-Total" und hat "die längsten Liveprogrammstrecken aller Anbieter" mit sämtlichen 51 Partien, darunter exklusiv vier Gruppenspiele und ein Achtelfinale.
Ein besonderes Angebot ist der Taktikkanal, in dem Trainer und Experten das Spiel aus spezieller Perspektive kommentieren. Magenta TV und RTL (zwölf Spiele) nutzen nicht nur dasselbe Studio; das von der Telekom als "Nationalmannschaft der Sportberichterstattung" gepriesene Team rund um Moderator Johannes B. Kerner ist ebenfalls identisch. Zu den Sachverständigen zählen unter anderem Michael Ballack, Lothar Matthäus und Tabea Kemme, die in gleicher Funktion regelmäßig bei Dazn, Sky oder RTL mitwirken.
Auch bei ARD und ZDF gibt es hinsichtlich der Aufstellungen keine Überraschungen: Das "Erste", das am 14. Juli das Finale übertragen wird, setzt wie gewohnt auf Esther Sedlaczek und Alexander Bommes, die durch Bastian Schweinsteiger, Almuth Schult und Thomas Hitzlsperger unterstützt werden, das "Zweite" auf Jochen Breyer und Katrin Müller-Hohenstein sowie die Experten Christoph Kramer, Per Mertesacker und René Adler.
Aus dem DFB-Hauptquartier in Herzogenaurach meldet sich für die ARD, die außerdem digital alle Spiele als "Audio-Vollreportage" anbietet, Lea Wagner, fürs ZDF hält Sven Voss das Publikum zwischen den deutschen Partien auf dem Laufenden.
Vor- und Nachberichterstattungen haben allerdings für die Mehrheit der Fußballfans nicht den gleichen Stellenwert wie die Übertragungen der Spiele. Für sie zählt vor allem, wer in den Stadien am Mikrofon sitzt; dieses Personal wird daher auch regelmäßig zur Zielscheibe von Beleidigungen im Netz.
Für die ARD kommentieren Christina Graf (SWR), Tom Bartels (WDR) und Gerd Gottlob (NDR). Fürs ZDF sind Claudia Neumann, Oliver Schmidt und Martin Schneider als Kommentatoren engagiert. Schmidt wird am 14. Juni um 21 Uhr das Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland begleiten. Wolff Fuss (Sky) hat Magenta TV verpflichtet.
Anders als bei den WM-Turnieren in Russland (2018) und Katar (2022), als gerade ARD und ZDF ausführlich über soziale Missstände und Menschenrechtsverletzungen informierten, konzentrieren sich die Sender dieses Mal auf den Fußball. Das "Erste" beschließt das Rahmenprogramm an seinen Sendetagen um 23.30 Uhr mit einem
Fußballquiz aus einer Bochumer Kneipe; für RTL produziert Stefan Raab die tägliche Sendung "Das RTL EM-Studio - Alle Spiele, Tore, Emotionen" mit Stefan Effenberg.
Die Einstimmung auf die Europameisterschaft beginnt allerdings schon knapp zwei Wochen vorher. Ab dem 1. Juni zeigt Magenta TV+ "Fußballwunder: von Bern bis Berlin". Manfred Oldenburg schildert darin die Höhen und Tiefen der DFB-Elf seit dem "Wunder von Bern" und verdeutlicht die Wechselwirkungen zwischen Volksseele und Nationalmannschaft. Der Dokumentarfilmer hat zuletzt für Prime Video "Das letzte Tabu" gedreht.
Das ZDF zeigt einen Film über Homosexualität im Fußball am 11. Juni um 20.15 Uhr. Das "Erste" eröffnet den EM-Countdown am 5. Juni um 21.30 Uhr mit "Deutschland. Fußball. Sommermärchen 2024?". In der Dokumentation zeichnet Esther Sedlaczek in Gesprächen mit Julian Nagelsmann, Annalena Baerbock, Bastian Schweinsteiger und Joachim Löw ein aktuelles Bild der (Fußball-)Nation Deutschland.
In der ZDF-Mediathek informiert die Doku "Uefa - Fußball. Macht. Geld" über die Kosten des Turniers und die nach Einschätzung von Fachleuten rechtlich fragwürdigen Knebelverträge des europäischen Fußballverbands mit den zehn Städten, die das Turnier ausrichten werden. (Tilmann P. Gangloff/ epd/ 14.05.2024)