Sein Name stand auf einer Todesliste der Nazis. Kaum an die Macht gekommen, machten sie ihn unschädlich: Der Münchner
Publizist Fritz Gerlich wurde in der Nacht auf den 1. Juli 1934 im Konzentrationslager Dachau ermordet, nach über 15 Monaten sogenannter Schutzhaft im Münchner Polizeigefängnis. Eine Anklage gab es nicht, dafür schwere Misshandlungen.
Gerlich hatte es früher und entschiedener als andere gewagt, sich den Nationalsozialisten in den Weg zu stellen. Ab 1930 bekämpfte er sie mit allen publizistischen Mitteln. Ein Adeliger vom Bodensee hatte ihm den Erwerb einer Klatschpostille namens "Illustrierter Sonntag" ermöglicht.
Diese formte er schrittweise zu einem politischen Kampforgan gegen den braunen Ungeist um und gab ihr den Titel: "Der
gerade Weg. Deutsche Zeitung für Wahrheit und Recht."
Hitler nahm ihn sehr ernst
Brandartikel mit Überschriften wie "Hetzer, Verbrecher Geistesverwirrte" warnten vor der NS-Ideologie. Obwohl "Der gerade
Weg" in der Auflage weit unter 100.000 Stück blieb, nahm ihn die NSDAP ernst. Adolf Hitler ließ sich jede Ausgabe vorab besorgen. Ironie der Geschichte: Anfangs lief "Der gerade Weg" durch dieselbe Druckerpresse wie das Naziblatt "Völkischer Beobachter".
Geboren 1883 in Stettin, war Gerlichs persönlicher Weg alles andere als gerade. Der Calvinist studierte in München Geschichte und ging in den Archivdienst. In jungen Jahren erwies er sich als kriegsbegeisterter Nationalist - eine Leidenschaft, die nach einem ersten Treffen mit Hitler 1923 abkühlte. Gerlich blieb Anti-Bolschewist, wandelte sich aber zum Verteidiger der Weimarer
Republik.
Als Chefredakteur der "Münchner Neuesten Nachrichten" gehörte er ab 1920 für acht Jahre zu den wichtigsten Journalisten im Reich. Dann überwarf sich Gerlich mit seinem Verleger. Zu viel Alkohol war dabei auch im Spiel.
Folgenschwere Begegnung mit der "Resl"
Eine grundlegende Lebenswende verursachte die Begegnung mit der Mystikerin Therese Neumann in Konnersreuth. Im festen Vorsatz, die stigmatisierte Bauernmagd als Schwindlerin zu entlarven, fuhr der Skeptiker 1927 in die nördliche Oberpfalz. Als Konvertit kehrte er zurück und wurde katholisch.
Im Kreis um die "Resl" fand Gerlich zu seiner neuen Mission, dem "geraden Weg". Bei ihr traf er nicht nur seinen Finanzier, Erich
Fürst von Waldburg-Zeil, sondern auch seinen wichtigsten Leitartikler, den Eichstätter Kapuziner Ingbert Naab.
Gerlichs Widerstand blieb in Geschichtswissenschaft und Erinnerungskultur lange unbeachtet. Erst 2016 legte der Speyerer
Historiker Rudolf Morsey eine fundierte Biografie vor. In München, Regensburg und Konnersreuth erinnern Denkmäler an den streitbaren Publizisten. Die katholische Kirche hat 2012 einen Filmpreis nach ihm benannt.
Seit Ende 2017 läuft ein Seligsprechungsverfahren für den Mann, der Hitler mit der Waffe des Wortes stoppen wollte.