Zwischen 1915 und 1918 wurden im damaligen Osmanischen Reich zwischen 300.000 und 1,5 Millionen christliche Armenier, Pontos-Griechen, Assyrer und Aramäer ermordet. Während Historiker vom "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts" sprechen und der Regierung des damaligen Osmanischen Reichs die Verantwortung zuweisen, räumt die Türkei bislang lediglich ein, dass es Massenvertreibungen und gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben habe. In deren Folge seien Hunderttausende gestorben.
Hintergrund des Völkermords waren Versuche der 1909 an die Macht gekommenen nationalistischen Jungtürken, ein einheitliches Reich zu schaffen, Türkisch als Einheitssprache und den Islam als alleinige kulturelle und religiöse Basis durchzusetzen. Der Erste Weltkrieg lieferte die Gelegenheit, dies zu realisieren. Nach dem Scheitern der türkischen Offensive gegen Russland im Januar 1915 begann am 24. April die systematische Verfolgung: Zu Tausenden wurde die Elite der Armenier und anderer christlicher Gruppen verhaftet und hingerichtet; Zehntausende starben auf Todesmärschen.
Nach Kriegsende leiteten die westlichen Siegerstaaten Prozesse ein. Ein Istanbuler Kriegsgericht konnte beweisen, dass die Verbrechen zentral vorbereitet wurden. Es verurteilte 17 Angeklagte zum Tode; 3 Hinrichtungen wurden vollzogen. Die Haupttäter flohen; einige wurden später von armenischen Attentätern ermordet.
Mittlerweile haben rund zwei Dutzend Staaten den Genozid offiziell anerkannt, darunter Frankreich, Italien und die Niederlande. 1985 erschien der Begriff "Armenian genocide" in einem offiziellen Papier der UNO. Auch Papst Franziskus sprach vom "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts" Der Deutsche Bundestag sprach 2005 lediglich von "Deportationen und Massakern"; das Wort Völkermord wurde in die Begründung des entsprechenden Antrags verbannt. Im Juni 2016 verabschiedete der Bundestag eine Resolution, die den Völkermord verurteilte. Scharfe Reaktionen aus Ankara waren jeweils die Folge. (kna)